Telekom-Chef feiert Kahlschlag von Musk – und geht mit EU-Ansage viel zu weit

Die Telekommunikationswelt trifft sich derzeit in Barcelona zum MWC. Die große Bühne nutzen Chefs der bekannten Konzerne auch, um Druck gegen ihrer Meinung nach überzogene Regulierung seitens der EU zu machen. Telekom-CEO Tim Höttges hat sich dabei jedoch klar in der Wahl seiner Mittel vergriffen.Ein Kommentar von Felix Gräber

Mär 5, 2025 - 17:40
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Telekom-Chef feiert Kahlschlag von Musk – und geht mit EU-Ansage viel zu weit

Die Telekommunikationswelt trifft sich derzeit in Barcelona zum MWC. Die große Bühne nutzen Chefs der bekannten Konzerne auch, um Druck gegen ihrer Meinung nach überzogene Regulierung seitens der EU zu machen. Telekom-CEO Tim Höttges hat sich dabei jedoch klar in der Wahl seiner Mittel vergriffen.

Ein Kommentar von Felix Gräber

Vorbild Musk: Telekom-Chef will mehr DOGE in Europa

Während Elon Musk im Kielwasser der Trump-Administration munter den Rotstift ansetzt, schauen große Teile der Welt entsetzt zu: „Was passiert da bloß in den USA?“, fragen sich viele. Jedoch lässt sich dem wohl auch etwas Gutes abgewinnen, zumindest aus Sicht von Telekom-Chef Timotheus „Tim“ Höttges.

„Was Europa braucht, ist etwas wie DOGE.“ Mit dieser Ansage überraschte der CEO von Deutschlands größten Telekommunikationskonzern (Quelle: heise). Hinter der bewusst an das Meme und den zugehörigen Cryptocoin angelegten Abkürzung DOGE verbirgt sich die neu geschaffene, von Elon Musk geleitete US-Behörde „Department of Government Efficiency“ – Behörde für Regierungseffizienz. Ihr Auftrag: Unnötige Kosten und Ausgaben aufdecken, Verschwendung ausradieren und einen knallharten Sparkurs durchsetzen.

Weniger behördliche Regulierung – davon träumt ganz offensichtlich auch Höttges: „Wir haben Medienregulierung, Cybersicherheitsregulierung, Datenschutzregulierung, Telekommunikationsregulierung auf der lokalen Ebene und international. Wir brauchen eine Initiative, die die Bürokratie beschneidet.“Link

Bei allem Verständnis für die nicht gerade neue Kritik am Regeldschungel der EU – Höttges tut sich und der Sache von Telekom und Co. keinen Gefallen, indem er sich die Musk’sche Kahlschlagmethode zum Vorbild nimmt.

Denn Musk steht längst nicht mehr nur für rigorose Sparmethoden und auf Effizienz getrimmte Unternehmensführung. Elon Musk ist eine politische Person und einer der Menschen mit der höchsten Reichweite aller Zeiten. Er ist sich zudem nicht zu schade, diese Reichweite auch voll und ganz auszunutzen. Er ist in der Lage – auch dank des Reichtums, den er sich als CEO und Effizienzprofi erarbeitet hat – Meinungen in extremen Maß zu beeinflussen, und das mehr oder weniger rund um die Welt.

Ich will Höttges nicht unterstellen, inhaltlich sei er mit Musk auf einer Linie. Das Problem bei Musk ist aber, dass der seit Jahren daran arbeitet, dass seine Inhalte nicht von seinen Methoden zu trennen sind. Lassen sich Regulierungen in der EU entschlacken? Kann es helfen, nationale und internationale Regulierungen zu vereinheitlichen? Beides muss man bejahen, beides wünscht auch Höttges.

Kann man dafür Elon Musks DOGE zum Vorbild nehmen? Nicht mal ansatzweise. Tut mir leid, Herr Höttges, aber was Europa braucht, ist genau das nicht!

Selbst wenn man Musks Ansichten ignoriert, ist DOGE ein Reinfall

Neben der mehr als fragwürdigen inhaltlichen Ausrichtung, die Elon Musk inzwischen vehement vertritt, gibt es allerdings noch einen Kernaspekt von DOGE, den sich in der EU niemand ernsthaft zum Vorbild nehmen sollte: purer ungeschönter und fast schon zelebrierter Dilettantismus.

Seit Musks Sparbehörde an der Arbeit ist, verkündet sie Einsparungen in Milliardenhöhe. Doch ein Gros ihrer Kürzungen und Sparmaßnahmen musste DOGE schon nach kurzer Zeit wieder kassieren. Das Wallstreet Journal berechnete etwa, das von 16 Milliarden US-Dollar vermeintlich von DOGE erreichter Einsparungen, eigentlich 9 Milliarden Dollar übrig bleiben (Quelle: Der Standard). Denn die Schritte, mit denen die Behörde sparen wollte, musste man teilweise wieder zurücknehmen.

Während in den USA Klagen laufen, die gegen Entlassungen und andere Schritte von Musks Behörde vorgehen sollen, laufen Kritiker auch gegen Tesla Sturm. Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, dass Tim Höttges sich seine unternehmerische Zukunft so vorstellt.

Wo sich hingegen Höttges Formulierung sicher gut machen wird, ist drüben in den USA, bei der Trump-Administration – und das wird wohl kein Zufall sein. Schließlich ist die US-Tochter der Telekom, T-Mobile, der größte Goldesel im ganzen Konzern. Rund zwei Drittel ihrer Gewinne macht die Telekom laut heise derzeit auf der anderen Seite des Atlantik. Aus dieser Perspektive zumindest ist es nachvollziehbar, dass Höttges sich mit wenigen Worten mit der US-Regierung gut stellen will – damit ist er auch nicht allein. Nachvollziehbar – aber eben trotzdem nicht richtig.LinkElon Musks Unternehmen: Das sind die größten Projekte des Tesla-Chefs