Bürokratieaufwand ist keine Ausrede gegen Auskunftserteilung

Datenschutzrechtliche Auskunftsverlangen dürfen nicht pauschal mit der Begründung von „zu viel Aufwand“ verweigert werden. Der Artikel 15 DSGVO bietet das Recht auf umfassende Auskunft und auch auf Herausgabe der personenbezogenen Daten in Kopie. Der Bundesfinanzhof hat in seiner Entscheidung nicht nur für Behörden noch einmal klargestellt, wie umfassend die Rechte der Betroffenen gemäß der DSGVO […]

Mär 17, 2025 - 13:46
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Bürokratieaufwand ist keine Ausrede gegen Auskunftserteilung

Datenschutzrechtliche Auskunftsverlangen dürfen nicht pauschal mit der Begründung von „zu viel Aufwand“ verweigert werden. Der Artikel 15 DSGVO bietet das Recht auf umfassende Auskunft und auch auf Herausgabe der personenbezogenen Daten in Kopie. Der Bundesfinanzhof hat in seiner Entscheidung nicht nur für Behörden noch einmal klargestellt, wie umfassend die Rechte der Betroffenen gemäß der DSGVO ausgestaltet sind.

Hintergrund des Urteils

Am 14.01.2025 urteilte der Bundesfinanzhof (BFH), dass Auskunftsrechte nach Art. 15 DSGVO nicht mit dem Argument eines „unverhältnismäßigen Aufwands“ verweigert werden dürften.

Kläger in dem Verfahren war ein Vorstand einer Aktiengesellschaft. Dieser hatte von seinem zuständigen Finanzamt umfassende Auskunft über die ihn betreffenden gespeicherten personenbezogenen Daten in Kopie verlangt.

Das Finanzamt kam dem Verlangen des Klägers jedoch nur teilweise nach, indem es ihm Übersichten über die Daten zuschickte und Akteneinsicht vor Ort anbot. Eine vollständige Kopie aller ihn betreffenden Akten lehnte es aber unter anderem mit der Begründung ab, dass die Bearbeitung mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden wäre.

Der Kläger hielt dieses Vorgehen nicht für ausreichend, um seinem Auskunftsersuchen gerecht zu werden und klagte daraufhin beim Finanzgericht. Dort wurde die Klage zunächst mit dem Argument abgewiesen, dass dem Auskunftsersuchen hinreichend nachgekommen sei.

Der BFH hingegen bewertete dies anders und hob nun in der Folge das Urteil des Finanzgerichts auf.

Bürokratieaufwand ist kein Argument gegen umfassende Auskunft

Er betonte in seinen Ausführungen, dass Art. 15 DSGVO ein weitreichendes Auskunftsrecht darstelle und demnach eine Übersicht über die gespeicherten Daten und das Angebot auf Akteneinsicht nicht ausreiche, sondern – soweit verlangt – auch die Bereitstellung einer Kopie dieser Daten umfasst sei.

Das Argument des unverhältnismäßigen Aufwands ist nach Ansicht des BFH kein Ablehnungsgrund. Er begründet diese Entscheidung damit, dass es in der DSGVO keinen Verweis gibt, der die Ablehnung eines Auskunftsersuchens aufgrund des zu hohen Arbeitsaufwandes erlauben würde.

Die Ausnahme des Art. 14 Abs. 5 Nr. 2 DSGVO, worin eine Information unterbleiben könne,

„wenn und soweit […] die Erteilung dieser Informationen sich als unmöglich erweist oder einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde“

wurde gerade nicht auch für das Auskunftsrecht nach Art. 15 DSGVO getroffen.

Es bestünde auch keine vergleichbare Interessenlage und somit keine Regelungslücke zwischen der Informationspflicht nach Art. 14 DSGVO und der Auskunftspflicht nach Art. 15 DSGVO. Denn die Verpflichtung zur Information der betroffenen Person über die erhobenen personenbezogenen Daten bestünde generell, aber beschränkt auf die Kategorien personenbezogener Daten. Wohingegen der Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO insbesondere darauf gerichtet ist, auf Antrag Kenntnis über die jeweils konkret verarbeiteten personenbezogenen Daten zu erlangen.

Nach Festststellung des BFH ist ein Auskunftsanspruch

„grundsätzlich dann erfüllt, wenn die Angaben des Auskunftsschuldners nach seinem erklärten Willen die Auskunft im geschuldeten Gesamtumfang darstellen.“

Das Angebot zur Akteneinsicht ist nicht gleichzusetzen mit der Erstellung einer Kopie der Daten. Denn wie der Art. 15 Abs. 3 DSGVO bestimmt, hat der Verantwortliche auf Anfrage des Betroffenen eine Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, zur Verfügung zu stellen. Das bloße Angebot zur Einsichtnahme ist daher nicht ausreichend und kann dem Auskunftsanspruch aus Art. 15 DSGVO nicht gleichgesetzt werden. Der BFH bleibt sich hier seiner Linie treu. Bereits in früheren Urteilen, wie auch in der von uns besprochenen Entscheidung aus November 2024, hatte er festgestellt, dass das Akteneinsichtsrecht gegenüber dem Auskunftsrecht hinsichtlich der verarbeiteten personenbezogenen Daten ein Aliud darstellt.

Auch das Argument des Finanzamts, dass der Kläger seinen Antrag auf Auskunft hätte zeitlich oder sachlich begrenzen müssen, hielt vor dem BFH nicht stand. Nur weil ein Antrag weit gefasst sei, gälte er nicht automatisch als exzessiv. Zwar kann der Verantwortliche nach Art. 12 Abs. 5 Satz 2 DSGVO, bei offenkundig unbegründeten oder – insbesondere im Fall von häufiger Wiederholung – exzessiven Anträgen einer betroffenen Person, entweder ein angemessenes Entgelt verlangen oder sich weigern, aufgrund des Antrags tätig zu werden. Der Nachweis, ob ein solcher offenkundig unbegründeter oder exzessiver Antrag vorliegt, ist vom Verantwortlichen zu erbringen (Art. 12 Abs. 5 Satz 3 DSGVO).

Auskunftsersuchen bergen oft großen Einfluss auf Ressourcen

Die Entscheidung unterstreicht, dass die Betroffenenrechte aus der DSGVO erheblichen Einfluss auf Arbeitsabläufe von Behörden, aber auch Unternehmen haben können. Auch bei umfangreichen Datenbeständen müssen Auskunftsersuchen umfassend beantwortet werden, was beträchtliche Ressourcen binden kann. In der Praxis wird bei umfangreichen Anfragen häufig zunächst nur eine Zusammenfassung der vorhandenen Daten bereitgestellt. Es ist jedoch dabei zu berücksichtigen, dass bei ausdrücklicher Anfrage nach allen vorhandenen personenbezogenen Daten das Bewusstsein vorherrscht, dass dieser auch vollständig nachgekommen werden muss. Wer dem nicht nachkommt, riskiert rechtliche Konsequenzen.


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