Diese eine Teambremse solltest du auf keinen Fall unterschätzen

„Ich hab sooo viel zu tun!“ Für manche Mitarbeitende ist Stress nichts Unangenehmes – sondern ein Grund zu prahlen. Wie solches Stress-Bragging deinem Team schadet und was du dagegen tun solltest. The post Diese eine Teambremse solltest du auf keinen Fall unterschätzen appeared first on impulse.

Apr 29, 2025 - 15:14
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Diese eine Teambremse solltest du auf keinen Fall unterschätzen
„Nee, ich kann nicht mit zum Mittagessen! Ich hatte grad einen Workshop, muss gleich noch zwei Angebote für unseren Großkunden schreiben – und morgen ist diese wichtige Produktpräsentation …“ Wer so redet, scheint überlastet. Doch das ist nicht immer der Fall: „Menschen betrachten Stress mitunter auch als eine Art Ehrenabzeichen, das sie anderen gegenüber hervorheben“, schreibt ein US-amerikanisches Forscherinnen-Team um Jessica Rodell, Professorin am Department of Management der University of Georgia, im Fachmagazin Personnel Psychology. Sie und ihre Kolleginnen haben das Phänomen des „Stress-Bragging“ zum ersten Mal wissenschaftlich untersucht. Die Ergebnisse der Studie zeigen: Bemerken Führungskräfte Stress-Bragging im Team, sollten sie aktiv werden. Die wichtigsten Fakten. Warum Menschen mit ihrem Stresslevel prahlen Stress gilt gemeinhin als negativ, weshalb es paradox erscheint, genau damit anzugeben. Dennoch, so die Wissenschaftlerinnen, gebe es eine „Epidemie“ der Stress-Prahlerei. Ihre Erklärung: Stress-Bragging bilde eine Form der Selbstdarstellung und Eigenwerbung, die dazu diene, sich von anderen abzuheben und das eigene Image positiv zu beeinflussen. Nur dass im Gegensatz zu anderen Strategien der Selbstdarstellung – etwa der, sich mit den eigenen Erfolgen zu brüsten – ein vermeintlich negatives Kennzeichen, ein hohes Stresslevel, die Besonderheit im Vergleich zu anderen markiere. Personen über Stress-Bragging also ausdrückten: Ich habe extrem viel Stress, ich halte das aber aus – also muss ich besonders gut sein! Wieso Stress-Bragging ein Problem für dein Team ist In ihrer Studie untersuchten die Forscherinnen, welche Auswirkungen das Stress-Prahlen hat. Die drei Haupt-Ergebnisse: Wer mit dem eigenen Stresslevel prahlt, erhält weniger Unterstützung durch andere Teammitglieder. Das kann die Produktivität verringern. Stress überträgt sich emotional. Gibt es Stress-Bragging im Team, fühlen sich auch Kolleginnen und Kollegen belasteter – und das Burnout-Risiko steigt. Menschen, die Stress-Bragging betreiben, werden als weniger kompetent und warmherzig wahrgenommen. Dies kann die zwischenmenschliche Atmosphäre in Teams negativ beeinflussen. Eine weitere negative Konsequenz sieht die Hamburger Psychologin und Business-Coachin Franziska Kaschub, die sich auf die psychologische Sicherheit in Teams spezialisiert hat: „Durch den Einfluss von Stress-Braggern werden in Teams unrealistische Normen vermittelt. Dadurch können implizite Regeln entstehen.“ Diese würden insbesondere Beschäftigte ungünstig beeinflussen, die neu ins Team kommen. „Stress-Bragger sind außerdem eher extrovertiert. Steuern Führungskräfte nicht dagegen, bekommen Kolleginnen und Kollegen mit: ‚Um gesehen zu werden, musst du über Stress sprechen.‘ Und weil Menschen nun einmal dazugehören wollen, werden sie diesen Regeln folgen, anstatt sie zu hinterfragen“, so Kaschub weiter. Auch nehme die psychologische Sicherheit Schaden. „Wenn die Regeln durch die Lauten gemacht werden, trauen sich eher introvertierte Menschen irgendwann kaum noch, zu sagen: ‚Ich fühle mich überlastet und leide darunter‘“, so Kaschub weiter. Durch diese Dynamik wiederum werde es für Führungskräfte in der Folge schwierig, zu erkennen, wann welche Teammitglieder wirklich überlastet sind – und wann sie nur Stress-Bragging betreiben. Wie es zu Stress-Bragging kommt Fachleuten zufolge gibt es drei Faktoren, die Stressprahlerei begünstigen. 1. Individuelle Bedürfnis-Struktur von Menschen Viele Menschen ziehen ihren Selbstwert aus Anerkennung von außen. „Diese Personen haben oft einen eher geringen Selbstwert und brauchen die Bestätigung durch andere“, erklärt Psychologin Kaschub. Meist seien sie stark leistungsgetrieben und könnten schlecht Nein sagen. Stress und Überlastung sei für sie häufig der Normalzustand – und damit etwas, was sie gar nicht unbedingt bemerkten. „Entsprechend prahlen diese Menschen meist unbewusst mit ihrem Stress und merken gar nicht, dass sie damit ungut auffallen und andere möglicherweise genervt von ihnen sind“, so die Expertin weiter. 2. Eine ungünstige Teamkultur „Wird der Fokus vor allem auf den Output gelegt und weniger darauf, wie es Mitarbeitenden bei der Arbeit geht, fördert das Stress-Bragging“, sagt Kaschub. Oft herrsche in Teams dann eine hochkompetitive Atmosphäre, in denen es etwa negativ kommentiert werde, wenn Teammitglieder pünktlich Feierabend machten. Auch dominierten in Meetings dann häufig die Extrovertierten. Und Anerkennung bekämen in solchen Teams eher jene, die ihre Aufgaben und Erfolge laut mitteilten – nicht jene, die still gute Arbeit machen. Führungskräfte prägen mit ihrem Verhalten, wofür Menschen im Team Anerkennung bekommen – ob durch explizites Lob oder stilles Durchwinken von Stress-Prahlen. Beides könne Kaschub zufolge ungewollt die Botschaft senden: Überlastung heißt Einsatz – und wird belohnt. Mehr zum Thema Toxische Produktivität Immer im To-do-Modus? 6 Anzeichen für toxische Produktivität Eine negative Vorbildwirkung Führungskräfte beeinflussen durch ihr Verhalten den Umgang mit Stress in Teams maßgeblich mit. „Sprechen Chefs und Chefinnen in jedem Meeting über ihre Arbeitsbelastung, machen kaum Pausen und schreiben abends um elf noch Mails, fördern sie damit indirekt Stress-Bragging“, sagt Coachin Kaschub. „Weil sie damit vermitteln, dass so etwas die Norm ist.“ Was du unternehmen solltest, wenn du Stress-Prahler im Team hast Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, als Führungskraft klug auf Stress-Bragging zu reagieren. Die vier wichtigsten Maßnahmen. Maßnahme 1: Mit Stress-Prahlern ins Gespräch gehen Jemand betont immer wieder, wie viel er oder sie zu tun hat und wie übervoll der eigene Kalender ist, nimmt aber dennoch neue Aufgaben an? In dem Fall sollten Führungskräfte das Teammitglied zum Einzelgespräch bitten. „Denn wer eine Teamkultur möchte, in dem alle lange auf gesunde Art produktiv arbeiten könnten, sollte zeigen: ‚Dauerstress ist bei uns nicht die Norm, sondern ein Problem. Wenn jemand gestresst wirkt, dann reden wir darüber und versuchen, eine Lösung zu finden‘“, sagt Kaschub. Ein möglicher Einstieg in so ein Gespräch: „Ich habe wahrgenommen, dass dein Stresslevel hoch scheint. Ich möchte einmal mit dir darüber reden, wie sich das auf dich auswirkt. Es ist mir wichtig, dass wir hier gesundes Arbeiten pflegen – und ich habe den Eindruck, bei dir ist es konstant sehr viel. Möchtest du Unterstützung? Oder steckt vielleicht etwas anderes dahinter?“ Außerdem sollten Führungskräfte Expertin Kaschub zufolge prüfen, wie sich die Arbeitslast konkret verringern ließe – und wie es um die Selbstmanagement-Strategien des Teammitglieds bestellt ist. „Häufig können Stress-Bragger schlecht Nein sagen und ziehen mehr Aufgaben an sich als sie eigentlich bewältigen können“, so Kaschub. Maßnahme 2: Den Umgang mit Stress im Team thematisieren Wer Stress-Bragger unter seinen Mitarbeitenden bemerkt, sollte zudem Meetings nutzen, um das Problem anzusprechen – allerdings ohne den Kollegen oder die Kollegin dabei direkt zu adressieren. Etwa so: „Mir ist aufgefallen, dass viele von uns sehr gestresst wirken. Und ich würde gern einmal in großer Runde darüber reden, wie wir mit Stress umgehen, ab wann es zu viel ist, wie wir unser Stressempfinden regelmäßig kommunizieren könnten – und inwieweit ihr euch mit dem Problem gesehen fühlt.“ „Eine einfache Idee, regelmäßig über Stress zu sprechen, sind Check-in-Fragen in Meetings“, so Coachin Kaschub. Beispielsweise könnten Führungskräfte abfragen, wo das Stresslevel der Mitarbeitenden auf einer Skala von 1 bis 10 gerade liege – und was alle bräuchten, um es um einen Punkt zu verringern. Der Expertin zufolge die Kirsche auf der Torte: ein Mini-Workshop zum Thema Stress. „Den Umgang mit Stress auf diese Weise explizit und in großem Umfang zu thematisieren, gehört in jedem gesunden Team dazu“, so Kaschub. Denn Stress sei zwar ein allbekanntes Phänomen, Mitarbeitende gingen aber individuell sehr verschieden damit um. „Daher ist es wichtig, über den Workshop im Team Routinen und Regeln zu entwickeln und später im Alltag zu verankern. Auch, um damit stress-prahlendem Verhalten vorzubeugen.“ Solche Regeln könnten etwa sein: „Später als geplant Feierabend zu machen, sollte die Ausnahme sein.“ Oder: „Wer mehr als 10 Überstunden auf dem Arbeitszeitkonto hat, spricht mit seiner Führungskraft darüber, wie sich die Aufgaben umorganisieren lassen.“ Oder: „Bei uns ist Stress nichts, für das es Anerkennung gibt. Sondern ein Problem, das wir lösen wollen.“ Maßnahme 3: Den eigenen Umgang mit Stress reflektieren In den allermeisten Fällen haben Führungskräfte mehr Aufgaben und mehr Verantwortung als ihre Teammitglieder – wodurch die Wahrscheinlichkeit steigt, selbst mit Stress zu prahlen oder das entsprechende Verhalten unbewusst zu fördern. „Viele Führungskräfte wollen zwar eigentlich, dass ihre Mitarbeitenden nicht gestresst sind, achten selber aber beispielsweise nicht darauf, Mittagspausen einzulegen“, sagt Psychologin Kaschub. Ein solches inkongruentes Verhalten mache es unmöglich, einen gesunden Umgang mit Stress im Team zu etablieren. Denn das gelinge nur, wenn Beschäftigte aller Ebenen daran arbeiteten. Ein erster Schritt dahin: überlegen, welchen Umgang mit Stress man selbst pflegt. Dabei helfen Fragen wie: Wie viele Überstunden mache ich? Wie viele kurze Pausen lege ich ein? Wie bin ich sozialisiert worden? Welche- negativen – Glaubenssätze habe ich, die mit dem Thema Stress zusammenhängen – wie etwa: „Nur wenn etwas richtig anstrengend ist, kann etwas Gutes dabei herauskommen“? „Es gilt hier, wirklich ehrlich mit sich zu sein. Jemand, der beispielsweise in einem Familienunternehmen großgeworden ist, hat in vielen Fällen einen hohen Anspruch an die eigene Leistung und ist möglicherweise mit der Einstellung aufgewachsen, dass die Arbeit über allem anderen steht – und Selbstfürsorge eher unwichtig ist“, erklärt Psychologin Kaschub. Um offenzulegen, inwieweit man als Führungskraft über das eigene Verhalten Stress-Bragging fördert, helfe zudem, sich als Chef oder Chefin Feedback zum eigenen Umgang mit Stress einzuholen. Teammitglieder also Fragen zu stellen wie diese: „Sag mal, was ist deine Einschätzung – wie trage ich, positiv oder negativ, zu deinem Stressempfinden bei? Wie wirkt meine Arbeitsweise auf dich? Was könnte ich verbessern, damit du stressfreier arbeiten kannst?“ Maßnahme 4: Das eigene Verhalten anpassen Forderten Führungskräfte solches ungeschönte Feedback ein, bekämen sie laut Coachin Kaschub häufig Rückmeldungen wie: „Wenn du mir am Wochenende Mails schreibst oder die Mittagspause ausfallen lässt, denke ich, du erwartest das von mir auch. Das stresst mich“. Damit zeige solches Feedback, an welchen Stellschrauben Chefs und Chefinnen drehen könnten, um mehr Selbstfürsorge zu betreiben – und damit nach außen die entsprechenden Signale ans Team zu senden. Was aber, wenn es dabei bleibt, als Führungskraft zumindest phasenweise mehr oder zu anderen Zeiten arbeiten zu müssen als die Teammitglieder? Franziska Kaschub: „Dann gilt es, genau das deutlich zu kommunizieren. In Sinne von: ‚Leute, aktuell geht es nicht anders, aber das ist nur für den Zeitraum XY so. Und es bedeutet nicht, dass ich erwarte, ihr sollt jetzt auch Überstunden machen!‘“ Auch könne es gegen Stress-Bragging helfen, das Ende stressiger Projekthochphasen gemeinsam zu feiern und damit das Ende einer belastenden Zeit zu markieren – etwa, indem man gemeinsam zurückschaut und die Erfolge benennt.

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