ChatGPT bringt A/B-Tests für KI-Visuals

Ein Klick, der mittrainiert: ChatGPT bezieht bald womöglich Nutzer:innen in die Bildauswahl ein – und verändert so, wie die KI lernt.

Jun 2, 2025 - 14:00
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ChatGPT bringt A/B-Tests für KI-Visuals

Der App Researcher Radu Oncescu hat auf Threads darauf hingewiesen, dass OpenAI derzeit ein A/B-Testing-ähnliches Verfahren in der Desktop-Version von ChatGPT testet. Das Feature befindet sich offenbar in einer frühen Testphase und ist bislang nur für ausgewählte Nutzer:innen sichtbar – uns bei OnlineMarketing.de stand es zum Zeitpunkt der Veröffentlichung noch nicht zur Verfügung.

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Das Feature betrifft die Bildgenerierung im 4o-Modell und ermöglicht es Nutzer:innen, zwischen zwei automatisch generierten Varianten zu wählen. Dieses interaktive Feedback-Format zielt darauf ab, nicht nur die Transparenz des Outputs zu erhöhen, sondern auch die Feinabstimmung und Trainingsqualität des Modells durch nutzungsbasierte Präferenzen zu verbessern.

Vom Prompt zur Präferenz: Warum OpenAI Feedback auslagert

Mit dem neuen Feature verfolgt OpenAI offenbar nicht nur das Ziel, die Effizienz des Modelltrainings im Bereich der Bildgenerierung zu steigern, sondern auch die Rolle der Nutzer:innen innerhalb dieses Prozesses neu zu denken. Anstelle ausschließlich technischer Optimierungen auf Basis vorliegender Datensätze wird das Urteil der Community nun aktiv in die Trainingslogik eingebunden. Insbesondere bei der Generierung visueller Inhalte, deren Bewertung stark von subjektiven und kontextabhängigen Faktoren geprägt ist, eröffnet dieses Vorgehen neue Möglichkeiten. Das Feature initiiert eine user-zentrierte Feedback-Schleife: Anwender:innen vergleichen Bildvarianten, treffen eine Auswahl – und beeinflussen damit direkt die Weiterentwicklung des Modells.

Diese Form der Partizipation markiert zugleich eine Verschiebung im Selbstverständnis von ChatGPT. Die Anwendung entwickelt sich zunehmend von einem rein textbasierten Assistenzsytem hin zu einer interaktiven, multimodalen Gestaltungsumgebung. Diese strategische Erweiterung schlägt sich auch in der Reichweite nieder: ChatGPT zählt inzwischen zu den meistbesuchten Websites der Welt – ein deutliches Signal für die wachsende Alltagsrelevanz generativer KI-Tools.


Meistbesuchte Websites der Welt:
ChatGPT macht Riesensprung

Ranking der meistbesuchten Websites der Welt
© chatgptricks / Threads via Canva


Was bedeutet das für Unternehmen?

Für Marken, Agenturen und Content Creator könnte diese Entwicklung weitreichend sein. Denn wenn die Bildgenerierung durch User Feedback präziser wird, steigen auch die Chancen auf visuell hochwertigere, markengerechte Ergebnisse.

Besonders spannend ist das für Bereiche wie Werbung, E-Commerce oder Branding, in denen visuelle Konsistenz eine zentrale Rolle spielt. Je besser das Modell lernt, was „ästhetisch“ oder „on brand“ bedeutet, desto mehr Potenzial bietet es auch für automatisierte Designprozesse – etwa in Verbindung mit Workflows, wie sie bereits in Canva oder Adobe Firefly eingesetzt werden. Letzteres KI-Tool ist inzwischen auch als mobile Anwendung verfügbar, was den Zugang zu KI-gestützter Bildbearbeitung noch niederschwelliger macht.

Zwischen Demokratisierung, Datensammlung – und Urheber:innenrecht

Während das Feedback der User zweifellos zur Modelloptimierung beitragen kann, verschärft sich zugleich die Debatte um den Ursprung der Trainingsdaten – insbesondere im visuellen Bereich, wo die Abgrenzung zwischen Inspiration und unrechtmäßiger Nutzung oft schwer zu ziehen ist.

Das betrifft nicht nur die Inhalte, die OpenAI bereits verarbeitet, sondern auch die neuen Daten, die über diese Funktion gesammelt werden. Denn sobald Nutzer:innen ihre Präferenzen mitteilen, wird ihr Verhalten selbst zur Ressource – eine Entwicklung, die Fragen rund um Urheber:innenrecht, Datenethik und Transparenz neu entfachen könnte.

Dass Tech-Unternehmen und Konzerne mit diesem Spannungsfeld nicht allein dastehen, zeigt ein aktueller Fall: Meta nutzt in der EU ab sofort ebenfalls Nutzer:innendaten für das KI-Training – sofern zuvor kein aktiver Widerspruch erfolgt ist. Auch dabei stellt sich die Frage, inwieweit Konsens, Kontrolle und Kreativität im Einklang stehen können, wenn das Geschäftsmodell auf massenhaftem Input basiert.

Parallel zur stärkeren Einbindung von Nutzer:innen-Feedback verfolgt OpenAI zugleich eine zweite Entwicklungsrichtung: mehr Autonomie für die eigenen Systeme. Statt nur auf Anfragen zu reagieren, sollen KI-Modelle wie der Codex Agent zunehmend eigenständig Aufgaben erfassen, strukturieren und ausführen – etwa im Rahmen komplexer Programmier-Workflows.


ChatGPT hat einen neuen Agent:
Was Codex kann

OpenAI Codex auf Screen, Code-Elemente im Hintergrund vor bunter Fläche, Text und Coding auf weißem Screen-Feld im Vordergrund
© OpenAI


ChatGPT wird zur interaktiven Bildplattform

Was früher nur Text war, wird heute zur Schnittstelle für co-kreatives Gestalten. Mit dem A/B-Test-Feature für Bildgenerierung geht OpenAI einen weiteren Schritt in Richtung partizipative KI – und macht deutlich: Die Zukunft der generativen Modelle ist dialogbasiert.

Dieses Feature verändert den Umgang mit KI-generierten Inhalte: Es verschiebt die Kontrolle über Qualität, Personalisierung und kreative Richtung stärker in die Hände der Nutzer:innen. Denn wer Einfluss darauf hat, wie KI-Modelle lernen und entscheiden, bestimmt auch mit, welche Inhalte sie produzieren – und für wen sie funktionieren. Genau das macht die Frage nach Teilhabe und Kontrolle zu einem der wichtigsten Themen für die nächste Entwicklungsphase Künstlicher Intelligenz.