Stelle falsch besetzt? So vermeidest du Fehlentscheidungen

Jemand schien perfekt für den Job – enttäuscht aber im Alltag: Wenn du Menschen überschätzt, steckt dahinter oft der Halo-Effekt. Wie du ihn vermeidest. The post Stelle falsch besetzt? So vermeidest du Fehlentscheidungen appeared first on impulse.

Jun 18, 2025 - 23:20
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Stelle falsch besetzt? So vermeidest du Fehlentscheidungen
Beim Vorstellungsgespräch war dir der Bewerber auf Anhieb sympathisch – später stellt sich heraus: fachlich ist er eher eine Enttäuschung und zum Team passt er auch nicht. Wie konntest du das nur übersehen? Schuld daran könnte ein psychologisches Phänomen namens Halo-Effekt sein. Ein sogenannter Wahrnehmungsfehler, der unser Urteilsvermögen unterbewusst verzerrt. Wer sich des Effekts bewusst ist, kann im Arbeitsalltag schwerwiegende Fehlentscheidungen vermeiden. Der Halo-Effekt: Einfach erklärt Der Halo-Effekt beschreibt eine kognitive Verzerrung, also einen Beurteilungsfehler. „Ein erster allgemeiner Eindruck überstrahlt dabei alle anderen Merkmale, die gar nicht unbedingt etwas damit zu tun haben“, erklärt Simone Kauffeld, Professorin für Arbeits-, Organisations- und Sozialpsychologie an der TU Braunschweig. Der Name ist also Programm: Wir verpassen unserem Gegenüber symbolisch einen Heiligenschein (engl. „halo“) und lassen uns regelrecht blenden von einzelnen positiven Eigenschaften. Zwei Beispiele: Eine Person ist mir sympathisch, also denke ich, dass sie auch kompetent ist. Oder ich empfinde sie als attraktiv und schätze sie direkt als loyal oder vertrauenswürdig ein. „Wir überschätzen die Zusammenhänge zwischen diesen Einzelurteilen“, erklärt die Expertin. „Das geschieht ganz unterbewusst und hat seine Ursprünge im menschlichen Wunsch, sich die Welt möglichst einfach zu machen und für alles eine Erklärung zu finden.“ Daher tritt der Effekt oft in Situationen auf, in denen wir wenig von unserem Gegenüber wissen, beispielsweise in Vorstellungsgesprächen. Geprägt wurde der Begriff Halo-Effekt übrigens 1920 von dem Psychologen Edward Thorndike, der das Phänomen bei der Leistungsbeurteilung von Soldaten der Luftfahrt durch ihre Vorgesetzten beobachtete. Das Gegenteil vom Halo-Effekt: Der Horn-Effekt Ähnlich verhält es sich auch mit herausstechenden negativen Eigenschaften. Kommt jemand schon unpünktlich zum Termin, beurteilen wir ihn schnell als weniger kompetent, nicht motiviert. Oder uns ist jemand unsympathisch, dann beurteilen wir ihn auch eher als faul oder weniger gewissenhaft. Diesen Effekt nennt man Horn-Effekt, in Anlehnung an Teufelshörner – das Gegenteil des Heiligenscheins. 3 Beispiele des Halo-Effekts im Arbeitsalltag Vermutlich ist auch dir der Halo-Effekt schon begegnet, ohne dass du es gemerkt hast. Wir stellen drei Situationen vor, in denen der Halo-Effekt die größten Gefahren birgt, und geben Tipps, wie du diese vermeiden kannst. Im Bewerbungsgespräch: „Ein fester Händedruck, ein schicker Anzug, ein nettes Lächeln – all das sind Sachen, die das Gesamturteil schon zu Beginn des Bewerbungsgesprächs prägen können“, weiß Kauffeld. Die interviewende Person laufe dann Gefahr, auch die fachliche Eignung positiver zu beurteilen, als sie tatsächlich sei. Kauffeld: „Das kann natürlich dazu führen, dass man die falschen beziehungsweise nicht die für sein Unternehmen passendsten Bewerbenden einstellt.“ Bei Leistungsbeurteilungen: Auch hier können laut Kauffeld einzelne Bereiche alle anderen überstrahlen: „Wir bewerten dann jemanden, der teamfähig ist, auch als zuverlässig. Oder schreiben ihm eine hohe Fachkompetenz zu. Dies kann zu verzerrten Leistungsbeurteilungen führen.“ Bei Gehaltsentscheidungen oder Beförderungen: Mitarbeitende, die durch eine positive Eigenschaft auffallen, haben bessere Chancen auf höhere Boni oder die Beförderung – unabhängig von rein objektiven Leistungsbeurteilungen. Wichtig sei es laut Kauffeld zu verstehen, welche Folgen der Halo-Effekt haben kann. Wer sich blenden lässt und für einen Bewerbenden entscheidet, der fachlich nicht gut zur Stelle passt, muss laut Expertin möglicherweise extra Zeit in die Einarbeitung stecken oder mit Produktivitätseinbußen rechnen. Wenn sich herausstellen sollte, dass die Person gar nicht ins Unternehmen passe, sei auch oft eine Trennung nötig und der erneute Bewerbungsprozess mit weiterem Aufwand und Kosten verbunden. Und auch bei der Leistungsbeurteilung kann es zu ungerechten Personalentscheidungen kommen. „Da vergebe ich dann die Gehaltsanpassung, die Boni oder das Weiterbildungsbudget an die falsche Person“, so Kauffeld, „und darunter kann das ganze Team leiden. Wenn sich jemand ungerecht behandelt fühlt, führt das zu reduziertem Engagement oder zu sinkender Motivation. Auch das allgemeine Betriebsklima kann darunter leiden.“ Mehr zum Thema Falsche Personalentscheidungen 7 Warnsignale bei neuen Mitarbeitern So vermeidest du typische Beurteilungsfehler Vor Schubladendenken ist niemand gefeit. Die gute Nachricht: Den ersten Schritt in die richtige Richtung hast du bereits gemacht. Kauffeld: „Führungskräfte müssen für den Halo-Effekt sensibilisiert werden.“ Nur so können sie vermeiden, verzerrte Entscheidungen zu treffen. Was immer helfe sei eine Struktur, also strukturierte Vorstellungsgespräche oder standardisierte Beurteilungsbögen. Das helfe, den Halo-Effekt zu minimieren und die Vergleichbarkeit von Bewertungen zu erhöhen. Im Vorfeld könnten Online-Testverfahren die Auswahl der Bewerbenden fachlich eingrenzen, Interviews könnten darüber hinaus durch objektive und anonymisierte Tests oder Leistungsnachweise ergänzt werden. Ein Leitfaden für das eigentliche Interview sei auch immer ratsam. Kauffeld: „Bei jeder Frage, die ich stelle, sollte ich mir vorher auch bewusstmachen: Was wäre die optimale Antwort? Und was möchte ich hier nicht hören?“ „Bei Leistungsbeurteilungen rate ich immer dazu, die Entscheidung schriftlich zu begründen. Das hilft dabei, den Entscheidungsprozess zu objektivieren“, empfiehlt die Expertin, „Vielleicht rufe ich mir auch ganz bewusst eine letzte Aufgabe oder Abgabe in Erinnerung. Je konkreter ich werde, desto mehr verhindere ich den Einfluss des Halo-Effekts.“ Auch Zeitdruck ist ein großer Katalysator für Fehlentscheidungen, so Kauffeld. Sei es im Bewerbungsverfahren oder im anstehenden Jahresgespräch. Hier sei es hilfreich, sich während des Jahres bereits Notizen zu machen „um eine bessere Gesamtübersicht zu bekommen und nicht nur den neusten Eindrücken zu erliegen.“ Wirklich gerecht urteilen zu können, beginnt mit dem Bewusstsein für die eigenen Beurteilungsfehler. Wer bereit ist, erste Eindrücke zu hinterfragen, schafft Raum für differenzierte Entscheidungen – frei von vorschnellen Zuschreibungen. So verliert auch der Halo-Effekt seine Wirkung.

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