Auf Netflix mit KI nach Stimmung suchen – dank OpenAI
Statt „Komödie“ oder „Drama“ einfach „nachdenklich“ oder „aufmunternd“ eingeben: Netflix testet mit OpenAI eine neue KI-Suche, die auf Gefühle statt Genres setzt – und das nervige Scrollen endlich beenden könnte.

„Was soll ich heute schauen?“ Diese Frage kennen viele – und sie endet nicht selten in einer endlosen Scroll-Odyssee durch Kategorien, Empfehlungen und Trends. Seit einigen Tagen ist das für einen ausgewählten User-Kreis anders. Das geht unter anderem aus Berichten von Bloomberg und The Verge hervor. Eine kleine Testgruppe in Australien und Neuseeland kann das neue Feature bereits ausprobieren: eine KI-gestützte Netflix-Suche, die auf Stimmung statt Genre setzt – powered by OpenAI.
Was klingt wie ein smarter Hack, ist in Wahrheit ein strategisches Experiment mit enormem Potenzial. Denn wenn Streaming-Plattformen lernen, wie sich Nutzer:innen fühlen, statt nur, was sie mögen, könnte das nicht nur unsere Sehgewohnheiten verändern – sondern auch das gesamte digitale Konsumverhalten.
Von Genres zu Gefühlen: Netflix denkt Suche neu
Die neue Netflix-KI-Suche ist aktuell nur für eine kleine Nutzer:innengruppe auf iOS in Australien und Neuseeland verfügbar. Schon bald soll sie auch in den USA getestet werden. Das Feature erlaubt es, über klassische Filter wie „Komödie“, „Drama“ oder „Action“ hinauszugehen. Stattdessen sollen Suchbegriffe wie „uplifting“, „nachdenklich“ oder „etwas mit Empowerment Vibes“ möglich sein. Laut der Netflix-Sprecherin MoMo Zhou befinde man sich derzeit in einer „Lern- und Hörphase“. Ob und wann die Funktion auch auf Android-Geräte oder international ausgerollt wird, sei offen. Doch der Bedarf ist klar: Viele Nutzer:innen wünschen sich eine intuitivere Navigation und ein Ende der teilweise endlosen Suche nach dem passenden Content.
Was Netflix hier testet, ist mehr als eine neue Suchleiste. Es ist der Versuch, die Plattform dialogfähig zu machen. Die Inhalte mögen personalisiert sein – aber erst die Suche macht sie zugänglich. Mit dieser neuen, kontextbasierten Navigation entsteht ein Interface, das nicht nur erkennt, was jemand schaut, sondern warum.
OpenAI inside: Was die Zusammenarbeit so besonders macht
Dass OpenAI hinter der Technologie steckt, ist kein Zufall. Das Unternehmen zählt aktuell zu den treibenden Kräften im Bereich generativer KI. CEO Sam Altman sprach kürzlich auf der TED-Bühne über das explosive Wachstum der Plattform, so ein Forbes-Bericht: Über 500 Millionen wöchentlich aktive Nutzer:innen verzeichnet ChatGPT laut ihm mittlerweile – Tendenz stark steigend. Altman schätzte außerdem, dass inzwischen rund zehn Prozent der Weltbevölkerung regelmäßig mit den Systemen von OpenAI interagieren. Die User-Zahl liege aktuell bei etwa 800 Millionen. Mehr dazu in unserem Hintergrundbericht.
ChatGPT schon mit 500 Millionen Usern pro Woche
– Umsatz und GPT-4o Image Gen Usage wachsen enorm

Neben dem rasant wachsenden Nutzer:innenstamm sorgt OpenAI auch mit einzelnen Features immer wieder für virale Aufmerksamkeit – zuletzt mit dem sogenannten Ghibli Mode, einer Bildgenerierungsfunktion in ChatGPT, die visuelle Ausgaben im Stil des legendären japanischen Animationsstudios ermöglicht. Innerhalb nur einer Stunde generierte das Feature laut Sam Altman über eine Million neue Nutzer:innen.
the chatgpt launch 26 months ago was one of the craziest viral moments i'd ever seen, and we added one million users in five days.
we added one million users in the last hour.— Sam Altman (@sama) March 31, 2025
Doch so schnell wie der Hype kam, folgte auch die Kritik. Kreativschaffende wie Robbie Shilstone (auf X) warfen OpenAI vor, so CNN, den einzigartigen visuellen Stil von Studio Ghibli zu imitieren, was zu urheberrechtlichen Bedenken und ethischen Fragen führt.
Miyazaki spent his entire life building one of the most expansive and imaginative bodies of work, all so you could rip it off and use it as a filter for your vacation photos.
Not into this one bit. Protect artists.— Robbie Shilstone (@shilstone_arts) March 26, 2025
Zusätzliche Brisanz erhielt die Debatte durch ein vielzitiertes Video von 2016, in dem Hayao Miyazaki, Mitbegründer des Studios, KI-generierte Kunst als „Beleidigung des Lebens selbst“ bezeichnete. Der Ghibli Mode verdeutlicht damit nicht nur das kreative Potenzial generativer KI, sondern auch ihre kulturelle Sprengkraft.
Trotz dieser Kontroversen bleibt OpenAI ein:e gefragte:r Technologiepartner:in – insbesondere für Unternehmen, die KI nicht nur als Tool, sondern als integralen Bestandteil der Nutzer:innenerfahrung verstehen. Netflix gehört nun zu den Playern dieser Entwicklung: Mit der neuen OpenAI-basierten Suchfunktion testet die Plattform, wie sich generative KI in einem kommerziellen Massenmedium sinnvoll einsetzen lässt – und das auf eine Weise, die emotional, kontextuell und nutzer:innenzentriert funktioniert.
TikTok, YouTube und Netflix: Der Wettlauf um die Relevanz
Im Vergleich zu Plattformen wie TikTok und YouTube, die schon seit einiger Zeit mit hyperpersonalisiertem Content operieren, hinkte Netflix in puncto Suche lange hinterher. Während TikTok User bereits Inhalte auf Basis von Stimmungen oder Memes entdecken – etwa über Suchbegriffe wie „romantic escapism“ oder „soft horror“ –, war Netflix bislang auf Genrelogik und Nutzer:innenhistorie beschränkt. YouTube geht ebenfalls neue Wege: Mit KI-gestützten Captions, visuellem Scanning und semantischer Suche ermöglicht die Plattform schon heute eine kontextbezogene Inhaltsentdeckung. Netflix’ neue KI-Suche ist ein Versuch, in diesem Bereich aufzuschließen – mit dem entscheidenden Unterschied, dass sie emotionaler und dialoglastiger funktioniert.
Die sogenannte „mood-based Discovery“ bietet gegenüber klassischen Recommender-Systemen einen entscheidenden Vorteil: Sie versteht nicht nur Nutzer:innenmuster, sondern die aktuellen Bedürfnisse. Wer also statt „Science-Fiction“ lieber „etwas Visuelles zum Abschalten“ sucht, erhält nicht nur relevantere Vorschläge, sondern fühlt sich verstanden.
Netflix wird zum Interface für Emotionale Intelligenz
Das Experiment ist Ausdruck eines größeren Paradigmenwechsels: Digitale Plattformen entwickeln sich von Anbieter:innen zu empathischen Interfaces. Während OpenAI an langfristig lernenden Agents arbeitet, die Nutzer:innen kennen, begleiten und unterstützen, testet Netflix jetzt deren Anwendung im Alltag.
Zukünftig könnten Hinweise wie die Uhrzeit, Nutzungskontext oder wiederkehrende Suchmuster dafür sorgen, dass Netflix automatisch passende Inhalte vorschlägt. Nicht auf Basis der Klick-Historie, sondern anhand von emotionalen Zuständen. Ob wir also nach einem stressigen Tag automatisch beruhigende Dokus angeboten bekommen, ist keine Science-Fiction mehr. Mehr zur strategischen Ausrichtung von OpenAI kannst du in unserem Artikel über die neuen Open-Weight-Modelle nachlesen.
Was OpenAIs neues Open-Weight-Modell ausmacht
Wenn Plattformen lernen, wie du dich fühlst
Die neue KI-Suche von Netflix zeigt, wohin sich digitale Plattformtechnologie bewegt: weg von der Frage „Was möchtest du schauen?“, hin zur Frage „Wie fühlst du dich gerade?“ Diese Verschiebung – von Präferenzen zu Stimmungen – könnte die Zukunft der Content-Entdeckung prägen. Und sie betrifft längst nicht nur das Entertainment. Ob im E-Commerce, im Recruiting oder im Gesundheitsbereich: Plattformen, die emotionales Verständnis in ihre Architektur integrieren, schaffen einen echten Mehrwert. Netflix geht hier voran – und könnte damit einen neuen Standard setzen.
Denn die eigentliche Frage lautet in Zukunft nicht mehr: „Was ist im Trend?“ – sondern: „Was brauche ich in diesem Moment?“ Und wer das beantworten kann, gewinnt. Powered by OpenAI.