OLG HH: Online-Marktplatz muss keinen Gastzugang ermöglichen
Das OLG Hamburg hat am 27.02.2025 in zweiter Instanz (Az.: 5 U 30/24) entschieden, dass ein Onlinehandelsplatz seinen Kunden keinen Gastzugang ermöglichen muss. Danach liegt kein Verstoß gegen die DSGVO vor, wenn ein Onlinehändler von Kunden ein verpflichtendes Kundenkonto verlangt, sofern dies erforderlich ist und die damit verbundene Datenverarbeitung auf das notwendige Maß beschränkt ist. Das […]

Das OLG Hamburg hat am 27.02.2025 in zweiter Instanz (Az.: 5 U 30/24) entschieden, dass ein Onlinehandelsplatz seinen Kunden keinen Gastzugang ermöglichen muss. Danach liegt kein Verstoß gegen die DSGVO vor, wenn ein Onlinehändler von Kunden ein verpflichtendes Kundenkonto verlangt, sofern dies erforderlich ist und die damit verbundene Datenverarbeitung auf das notwendige Maß beschränkt ist. Das Gericht verneint damit ausdrücklich die generelle Pflicht zum Gastzugang – wir zeigen, was das Urteil bedeutet.
Datensparsamkeit und Datensicherheit vs. Kundenkonto
Die Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder (DSK) entschied am 24. März 2022, dass Onlinehändler ihre Kunden nicht zur Erstellung eines Kundenkontos zwingen dürfen.
Stattdessen sollten sie auch Gastbestellungen ohne dauerhafte Registrierung ermöglichen. Begründet wird dies mit dem Gebot der Datensparsamkeit, das vorschreibt, nur unbedingt notwendige Daten zu verarbeiten. Zudem besteht nach Behördensicht bei dauerhaften Kundenkonten ein erhöhtes Risiko für Hackerangriffe.
Die Verbraucherzentrale hatte in diesem Sinne den Versandhändler Otto verklagt, der seinen Kunden in bestimmten Situationen die Eröffnung eines Kundenkontos für die Durchführung einer Bestellung vorgab – die Bestellung über einen Gastzugang war explizit nicht möglich.
Pflicht zum Kundenkonto im Einzelfall zulässig
Doch kann diese vermeintliche Pflicht zum Gastzugang nicht absolut gelten. Dies haben auch die Aufsichtsbehörden erkannt, deren Meinung – wie das LG Hamburg bereits klargestellt hatte – ohnehin keinerlei Bindungswirkung für Gerichte hat. Denn die Datenminimierung ist nicht der einzige Grundsatz der DSGVO und gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. b DSGVO etwa ist die Verarbeitung nur rechtmäßig, wenn mindestens eine Bedingung erfüllt ist, zum Beispiel:
„Die Verarbeitung ist für die Erfüllung eines Vertrags, dessen Vertragspartei die betroffene Person ist, oder zur Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen erforderlich, die auf Anfrage der betroffenen Person erfolgen.“
So führt die DSK im Beschlusspapier aus:
„Soweit im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, bei denen ein fortlaufendes Kund*innenkonto ausnahmsweise als für die Erfüllung eines Vertrages erforderlich angesehen werden kann (Art. 6 Abs. 1 Buchstabe b DS-GVO, z.B. für Fachhändler bei bestimmten Berufsgruppen) und mithin hierfür ausnahmsweise keine Einwilligung erforderlich ist, ist dem Grundsatz der Datenminimierung Rechnung zu tragen, indem z.B. das Kund*innenkonto bei Inaktivität automatisiert nach einer kurzen Frist gelöscht wird.“
Was heißt das in der Praxis?
Das Landgericht Hamburg hatte dem Online-Marktplatz Otto.de bereits rechtgegeben. Die Bestätigung durch das OLG Hamburg bedeutet aber nicht, dass die Frage „Gastzugang?“ für alle Fälle abschließend geklärt wäre.
Denn der Fall selbst ist hier zu speziell. Insbesondere brachte Otto.de vor, dass es sich hier um einen Marktplatz handele, bei dem eine Vielzahl von Bestellungen nicht mit Otto selbst, sondern mit Dritthändlern abgeschlossen würde. Insofern, so das Gericht, sei hier ausnahmsweise die Erforderlichkeit eines Kundenkontos gerechtfertigt, da nur so der Bestellprozess möglichst effizient abgewickelt werden könne. Zudem sei auch der Grundsatz der Datenminimierung gewahrt, da bei der Erstellung des Kundenkontos keine zusätzliche Daten abgefragt würden – bis auf das Passwort, das ohnehin dem Shop nicht zugänglich und zudem die automatische Löschung inaktiver Kundenkonten nach einer bestimmten Zeit erfolge.
Wollen Onlineshops mithin keinen Gastzugang implementieren, sind sie in der Pflicht, nachvollziehbare Gründe vorzubringen, um eine Ausnahme zu rechtfertigen. Dass das aber möglich ist, dazu hat die Entscheidung die OLG Hamburg sicherlich beigetragen.
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