Was steckt für Unternehmen im Koalitionsvertrag von Union und SPD?

Im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD stehen einige Neuerungen, die für Unternehmen wichtig sind. Wir haben den Vertrag durchforstet: Diese geplanten konkreten Maßnahmen solltest du kennen. The post Was steckt für Unternehmen im Koalitionsvertrag von Union und SPD? appeared first on impulse.

Mai 2, 2025 - 09:14
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Was steckt für Unternehmen im Koalitionsvertrag von Union und SPD?
Arbeitsrecht Arbeitszeit Aktuell gilt laut Arbeitszeitgesetz (ArbZG) eine regelmäßige tägliche Höchstarbeitszeit von acht Stunden. Diese lässt sich in Ausnahmefällen auf bis zu zehn Stunden erhöhen – wenn „innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden“, so das Gesetz. CDU/CSU und SPD wollen „im Einklang mit der europäischen Arbeitszeitrichtlinie die Möglichkeit einer wöchentlichen anstatt einer täglichen Höchstarbeitszeit schaffen“, heißt es im Koalitionsvertrag. Laut Michael Fuhlrott, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Hamburg, bedeutet das: Die tägliche Höchstarbeitszeit könnte auf maximal 12 Stunden steigen. „Unklar ist dabei allerdings, ob das für alle Betriebe gelten soll – oder aber nur für solche, die einen Betriebsrat haben oder an einen Tarifvertrag gebunden sind“, so der Experte. Sonntagsarbeit Bislang dürfen Bäckereien laut Arbeitszeitgesetz (ArbZG) an Sonn- und Feiertagen nur für bis zu drei Stunden Backwaren produzieren und ausliefern. Dies soll sich laut Koalitionsvertrag ändern: Bäckereibetriebe und Konditoreien sollen demnach auch an Sonn- und Feiertagen regulär, also ohne diese zeitliche Einschränkung Waren produzieren und ausliefern dürfen. Zeiterfassung Seit einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts Ende 2022 haben Unternehmen in Deutschland die Pflicht, die Arbeitszeit ihrer Beschäftigten zu erfassen. „Allerdings gibt es aktuell kein Gesetz, das diese Pflicht ausdrücklich regelt, also Vorgaben macht, wie die Arbeitszeit zu erfassen ist“, erklärt Anwalt Fuhlrott. Dies soll sich laut Koalitionsvertrag ändern. Darin schreiben CDU/CSU und SPD, sie wollten „die Pflicht zur elektronischen Erfassung von Arbeitszeiten unbürokratisch regeln und dabei für kleine und mittlere Unternehmen angemessene Übergangsregeln vorsehen.“ Eine Ausnahm soll nach dem Willen von Union und SPD für die Vertrauensarbeitszeit gelten. Sie soll – im Einklang mit der EU-Arbeitszeitrichtlinie – weiterhin ohne Zeiterfassung möglich sein. Vertrauensarbeitszeit bedeutet im Kern, dass Mitarbeiter ihre Arbeitszeit weitgehend eigenständig und selbstverantwortlich gestalten können. Lediglich das Volumen der wöchentlichen oder monatlichen Arbeitszeit wird vom Arbeitgeber festgelegt, nicht aber der Beginn und das Ende.  Unklar bleibt im Koalitionsvertrag jedoch, was als Vertrauensarbeitszeit gilt. Mehr zum Thema Vertrauensarbeitszeit Das solltest du über die Vertrauensarbeitszeit wissen Eine Sache allerdings dürfte sich laut Fuhlrott allein dadurch, dass es ein Gesetz zur Zeiterfassung geben wird, vermutlich ändern: Wer gegen die Zeiterfassungs-Pflicht verstößt, müsste direkt mit einem Bußgeld rechnen. Bisher ist das nicht der Fall. Stellt eine Behörde oder die Gewerbeaufsicht aktuell einen Verstoß fest, darf sie eine Anweisung erteilen, wonach die Zeit zukünftig erfasst werden müsse. Doch erst, wenn Unternehmen auch gegen diese Anweisung verstoßen, droht ein Bußgeld. Mindestlohn Aktuell ist das Thema wie folgt geregelt: Die Mindestlohnkommission macht einen Vorschlag, wie und wann der Mindestlohn geändert werden sollte – und orientiert sich dabei an der Inflation. Letzteres soll sich laut Koalitionsvertrag ändern: „Für die weitere Entwicklung des Mindestlohns wird sich die Mindestlohnkommission im Rahmen einer Gesamtabwägung sowohl an der Tarifentwicklung als auch an 60 Prozent des Bruttomedianlohns von Vollzeitbeschäftigten orientieren. Auf diesem Weg ist ein Mindestlohn von 15 Euro im Jahr 2026 erreichbar“, heißt es dort. Dazu Arbeitsrechtler Fuhlrott: „Die Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro im nächsten Jahr war fester Bestandteil des SPD-Wahlprogramms. Inwieweit dies aber tatsächlich umgesetzt wird, ist dieser Formulierung nicht zu entnehmen und insgesamt auch nicht absehbar.“ Denn: Es wäre denkbar, dass sich die Mindestlohnkommission nicht auf die 15 Euro einigen kann und beispielsweise erklärt, eine Erhöhung von aktuell 12,82 Euro brutto auf 14 Euro wäre ausreichend. In diesem Fall würde die SPD Fuhlrott zufolge wahrscheinlich darauf bestehen, die 15 Euro per Gesetz festzulegen. „Dies dürfte die CDU aber nicht mitgehen. Zudem dürften Verbände der Arbeitgeberseite Verfassungsbeschwerde einreichen. Denn den Lohn festzulegen, ist laut Grundgesetz nicht Sache der Politik, sondern infolge der dort festgeschriebenen Tarifautonomie Sache der Gewerkschaften und der Arbeitgeberverbände“, so der Arbeitsrechtler. Arbeitsverträge Für manche Regelungen in Arbeitsverträgen ist heute die Schriftform Pflicht. Schriftform bedeutet, dass sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer einen Vertrag per Hand auf einem ausgedruckten Blatt Papier unterschreiben müssen. Sie ist derzeit beispielsweise bei Befristungen vorgeschrieben. Die Pflicht zur Schriftform will die neue Bundesregierung laut Koalitionsvertrag eindämmen beziehungsweise teilweise abschaffen, beispielsweise bei Befristungen. Steuern und Abgaben Körperschaftsteuer Die Koalition aus CDU/CSU und SPD will die Körperschaftsteuer ab 2028 in fünf Schritten um jeweils einen Prozentpunkt senken. Abschreibung Die neue Bundesregierung will außerdem eine degressive Abschreibung auf Ausrüstungsinvestitionen von 30 Prozent in den Jahren 2025, 2026 und 2027 einführen. Genauere Angaben dazu, welche Investitionen Unternehmen künftig so abschreiben können, enthält der Koalitionsvertrag nicht. Umsatzsteuer Die Umsatzsteuer für Speisen und Getränke in der Gastronomie soll zum 1.1.2026 dauerhaft auf sieben Prozent gesenkt werden. Überstundenzuschläge Auf Überstunden und entsprechende Zuschläge müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aktuell die regulären Steuern und Sozialabgaben zahlen. Einzig Sonntags-, Nacht- und Feiertagszuschlag sind laut Einkommensteuergesetz steuerfrei. Das soll sich dem Koalitionsvertrag zufolge ändern: Wenn Unternehmen Mitarbeitenden, die mehr als die tariflich vereinbarte beziehungsweise an Tarifverträgen orientierte Vollzeit arbeiten, sollen dafür gezahlte Zuschläge künftig steuerfrei sein. Arbeitsrechtler Fuhlrott sieht es jedoch als unwahrscheinlich an, dass diese Pläne so final umgesetzt werden können. Es gebe ein rechtliches Problem: Würde der Gesetzgeber festlegen, der steuerfreie Zuschlag für Mehrarbeit gälte nur für Stunden, die über Vollzeit hinaus geleistet würden, diskriminierte dies Teilzeit-Beschäftigte. „Und damit vor allem Frauen, die statistisch sehr viel seltener in Vollzeit arbeiten“, sagt Fuhlrott. Damit verstoße eine solche Regelung gegen den allgemeinen Grundsatz der Gleichbehandlung und dürfte vor Gerichten keinen Bestand haben. Prämien zur Ausweitung der Arbeitszeit Wenn Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber ihren Beschäftigten eine Prämie zahlen, wenn diese ihre Arbeitszeit von Teilzeit dauerhaft auf eine an Tarifverträgen orientierte Vollzeit umstellen, soll diese Prämie steuerlich begünstigt werden. Rentner beschäftigen Wenn Mitarbeitende das gesetzliche Rentenalter erreichen und freiwillig weiterarbeiten, soll das Gehalt künftig bis zu einem Betrag von 2000 Euro im Monat steuerfrei sein. Ob das Gehalt dann auch sozialabgabenfrei sein wird, steht nicht im Koalitionsvertrag. Pendlerpauschale Die Koalition aus CDU/CSU und SPD will die Pendlerpauschale ab dem 1.1.2026 auf 38 Cent ab dem ersten Kilometer erhöhen. Bisher gilt dieser Satz erst ab dem 21. Kilometer. Wer weniger fährt darf bisher nur 30 Cent pro Kilometer ansetzen. Dienstwagen Wenn Unternehmen ihren Beschäftigten ein Elektroauto als Dienstwagen zur Verfügung stellen, müssen Mitarbeitende dafür lediglich 0,25 Prozent des Bruttolistenpreises als geldwerten Vorteil versteuern. Voraussetzung: Der Bruttolistenpreis beträgt maximal 70.000 Euro. Diese Schwelle will die neue Bundesregierung anheben: Künftig soll der Bruttolistenpreis maximal 100.000 Euro betragen dürfen, damit Besitzer von Dienstwagen von dem niedrigeren Steuersatz profitieren. Liegt der Bruttolistenpreis über dem Schwellenwert, wird eine Steuer von 0,5 Prozent fällig. Das ist allerdings immer noch weniger als bei Verbrennern: Bei diesen wird ein Prozent angesetzt. Kfz-Steuer Bisher sind Elektroautos bis zum 31.12.2030 von der Kfz-Steuer befreit. Die Steuerbefreiung soll laut Koalitionsvertrag bis zum Jahr 2035 gelten. LKW-Maut Emissionsfreie Lkw sind bisher bis Ende 2026 von der Maut befreit. Diese Befreiung soll nach dem Willen von CDU/CSU und SPD verlängert werden. Wie lange, ist allerdings noch unklar. E-Fahrzeuge Die neue Bundesregierung will eine neue Sonderabschreibung auf E-Fahrzeuge einführen. Angaben dazu, wie diese ausgestaltet genau sein wird, enthält der Koalitionsvertrag nicht. Diese Maßnahme stand bereits im Steuerfortentwicklungsgesetz der Ampelkoalition. Das Gesetz wurde allerdings schließlich ohne diese neue Abschreibungsmöglichkeit verabschiedet. Gasspeicherumlage 2022 führte die Ampel-Koalition – als Reaktion auf die befürchtete Gasknappheit im Zuge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine – eine Gasspeicherumlage ein. Über die Umlage sollen die Kosten von Betreibern von Gasspeichern gedeckt werden, um die gesetzlichen Vorgaben für den Füllstand der Speicher und die Versorgungssicherheit in Deutschland zu erfüllen. Diese Umlage wollen CDU/CSU und SPD laut Koalitionsvertrag abschaffen. Gewerbesteuer Für die Gewerbesteuer legen Gemeinden einen sogenannten Gewerbesteuerhebesatz fest, der für alle dort ansässigen Unternehmen gleich sein muss und die Höhe der Gewerbesteuer beeinflusst. Bisher muss dieser Hebesatz mindestens 200 Prozent betragen. Künftig sollen es mindestens 280 Prozent sein. Bürokratieabbau Bonpflicht Die neue Bundesregierung will die Bonpflicht in Geschäften abschaffen. Lieferkettengesetz CDU/CSU und SPD wollen das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz abschaffen. Es gilt seit Anfang 2024 und enthält zahlreiche Berichts- und Dokumentationspflichten, die Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitenden umsetzen müssen. Betroffen sind aber indirekt auch viele kleinere Betriebe. Ziel des Lieferkettengesetzes ist es, die Menschenrechtssituation in den Ländern der Lieferketten zu verbessern und Verstöße gegen die Menschenrechte zu verhindern. Betroffene Unternehmen müssen Umweltstandards und Menschenrechte in ihrer gesamten Lieferkette beachten. Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz soll nun durch ein „Gesetz über die internationale Unternehmensverantwortung“ ersetzt werden, das die Vorgaben aus der Europäischen Lieferkettenrichtlinie weniger bürokratisch umsetzt. Statistikpflichten Die teils umfangreichen Statistikpflichten sind Unternehmen sehr lästig– schließlich kostet deren Erfüllung Zeit, die nicht für das eigentliche Geschäft genutzt werden kann. Die neue Bundesregierung will nun ein Moratorium von mindestens zwei Jahren für alle neuen rechtlichen Statistikpflichten erlassen. In diesem Zeitraum sollen alle bestehenden Statistikpflichten auf den Prüfstand gestellt werden. Überprüft werden sollen insbesondere das Außenhandelsstatistikgesetz, das Gesetz über die Statistik im produzierenden Gewerbe und das Dienstleistungsstatistikgesetz. Außerdem heißt es im Koalitionsvertrag: „Bei den fünf für die Wirtschaft aufwändigsten Statistiken werden wir die nationale Übererfüllung von EU-Vorgaben vollständig beseitigen.“ Darüber hinaus sollen bis Ende 2025 in kleinen und mittleren Unternehmen „Verpflichtungen zur Bestellung von Betriebsbeauftragten abgeschafft und der Schulungs- Weiterbildungs- und Dokumentationsaufwand signifikant reduziert“ werden. Konkreter wird der Koalitionsvertrag an dieser Stelle allerdings nicht. Bürokratiekosten Insgesamt will die neue Bundesregierung laut Koalitionsvertrag die Kosten, die der Wirtschaft durch Bürokratie entstehen, um 25 Prozent (rund 16 Milliarden Euro) senken. Dazu beitragen soll auch ein neues Portal, über das Unternehmen bürokratische Hemmnisse und Verbesserungsvorschläge mitteilen können. Die Maßnahmen zum Bürokratieabbau wollen CDU/CSU und SPD einmal im Jahr in einem Gesetz bündeln. Registrierkassen Geschäfte mit einem Jahresumsatz von mehr als 100.000 Euro sollen ab dem 1.1.2027 eine Registrierkasse nutzen müssen. Bisher ist es auch möglich, eine sogenannte offene Ladenkasse zu besitzen, die ohne technische Unterstützung auskommen und bei denen das Geld in Fächern oder Kisten aufbewahrt wird. Unternehmensgründung Laut Koalitionsvertrag wollen CDU/CSU und SPD eine Plattform schaffen, über die alle Anträge und Behördengänge digital gebündelt werden. Damit soll künftig eine Unternehmensgründung innerhalb von 24 Stunden möglich sein. Arbeits- und Fachkräfte Arbeitskräfte aus dem Westbalkan Für Unternehmen gibt es seit Ende 2015 eine relativ einfache Möglichkeit, Arbeits- und Fachkräfte aus dem Westbalkan in Deutschland zu beschäftigen. Über die sogenannte Westbalkanregelung können Unternehmen potenzielle Mitarbeiter aus Serbien, Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Montenegro und Nordmazedonien nach Deutschland holen. Menschen aus diesen sechs Staaten können jede Art von Beschäftigung in Deutschland ausüben, ohne eine berufliche Qualifikation nachweisen zu müssen. Bis zu 50.000 Arbeitskräfte dürfen über diesen Weg seit dem 1. Juni 2024 pro Jahr nach Deutschland kommen. CDU/CSU und SPD wollen diese Kontingent laut Koalitionsvertrag wieder auf 25.000 Arbeitskräfte pro Jahr senken. Aufenthaltstitel für geduldete Ausländer Geduldete Ausländer sollen nach dem Willen von CDU/CSU und SPD eine befristete Aufenthaltserlaubnis bekommen können, wenn sie gut integriert sind sie über ausreichende Deutschkenntnisse verfügen sie seit zwölf Monaten in einem bestehenden, sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis sind und darüber ihren Lebensunterhalt überwiegend sichern können deren Identität geklärt ist sie nicht straffällig geworden sind und sie sich bis zum 31.12.2024 seit mindestens vier Jahren ununterbrochen in Deutschland aufgehalten haben. Mutterschutz CDU/CSU und SPD wollen laut Koalitionsvertrag einen Mutterschutz für Selbstständige einführen – analog zu den Mutterschutzfristen für Beschäftigte. Das bisherige Mutterschutzgesetz gilt derzeit nur für schwangere und stillende Arbeitnehmerinnen, Auszubildende und Studentinnen. Finanzen Damit Unternehmen Wachstums- und Innovationskapital besser finanzieren können, wollen CDU/CSU und SPD laut Koalitionsvertrag einen Deutschlandfonds einrichten. Dafür soll der Bund zehn Milliarden an Eigenmitteln durch „Garantien oder finanzielle Transaktionen“ bereitstellen. Mithilfe von privatem Kapital soll der Fonds auf ein Volumen von mindestens 100 Milliarden Euro kommen. Freihandelsabkommen CDU/CSU und SPD wollen das bereits unterzeichnete Rahmenabkommen der EU mit Chile zügig ratifizieren. Die EU-Abkommen mit Mercosur und Mexiko will die neue Regierung aktiv im Rat unterstützen und diese ebenfalls zügig ratifizieren. Den gesamten Koalitionsvertrag kannst du hier herunterladen und lesen.

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