E-Bike Engwe LE20 im Test
Das E-Bike Engwe LE20 kann Personen und Lasten bis maximal 200 kg transportieren. Wie gut es das macht und wie weit es in der Praxis tatsächlich fährt, zeigt unser Test.
Das E-Bike Engwe LE20 kann Personen und Lasten bis maximal 200 kg transportieren. Wie gut es das macht und wie weit es in der Praxis tatsächlich fährt, zeigt unser Test.
Der Verkauf von E-Lastenrädern hat in den vergangenen Jahren stark zugelegt. Laut dem Branchenverband ZIV stieg der Absatz von E-Cargobikes zuletzt um über 14,5 Prozent auf 189.000. Insgesamt erreichen die E-Lastenräder damit einen Marktanteil von 9 Prozent unter allen verkauften E-Bikes. Interessant dabei ist, dass sie neben E-MTBs ein Wachstum aufweisen, während der Verkauf von anderen motorisierten Varianten wie Trekking- und City-Räder rückläufig ist. Inzwischen werden hierzulande mit 2,1 Millionen Stück mehr E-Bikes als normale Räder (1,9 Millionen) verkauft.
Neben dem Fiido mit dem T2 (Testbericht) ist Engwe einer der ersten Hersteller aus Asien, die in den Markt von E-Cargobikes einsteigen. Mit dem LE20, das eine maximale Zuladung von 200 kg bietet, zeigt der chinesische E-Bike-Hersteller, der über sein Versandlager in Polen den europäischen Markt bedient, ein E-Lastenrad in verschiedenen Ausführungen.
Technisch sind die Modelle mit einem 100 Nm starken 250-Watt-Mittelmotor mit Drehmomentsensor, hydraulischen Scheibenbremsen mit 180 mm Durchmesser, 7-Gang-Shimano-Schaltung, Front- und Rücklichter sowie Blinker identisch ausgestattet. Die Preise starten bei 1600 Euro.
Modell | Engwe LE20 Standard | Engwe LE20 Vielseitige Canvas | Engwe LE20 Cargo |
Ausstattung | keine Körbe, nur Sitzbank | Gepäckträger mit Schutzgeländer und große Gepäckträgertasche und Frontkorb | Front- und breiter Heckkorb |
Einsatz | Pendler, Ausfahrten | Für normale Einkäufe | Einkäufe mit schweren und voluminösern Ladungen |
Neben den Modellen Standard, Vielseitige Canvas und Cargo hat Engwe mit dem LE20 Passenger eine weitere Variante im Programm. Das zum Personentransport vorgesehene Modell ist derzeit jedoch nicht erhältlich und dürfte in Deutschland außerdem nicht zulässig sein. Hierzulande darf auf einem E-Bike oder Rad nur ein Kind bis zu einem Alter von 7 Jahren auf einem nach DIN EN 13444 zugelassenen Kindersitz mit Gurten und Fußstützen transportiert werden. Der im Engwe-Video gezeigte Transport mit zwei Kindern auf der Rückbank mit dem LE20 Passenger ist also nicht erlaubt.
Engwe LE20: Welche Zuladungsmöglichkeiten gibt es?
Das Standardmodell ist als Lastenrad weniger gut geeignet, da es keine Körbe oder Taschen bietet. Man kann zwar zusätzlich einen Front-Korb und das Schutzgeländer inklusive großer Gepäckträgertasche optional erwerben. Doch damit ist das Rad teurer als die Variante Vielseitige Canvas, die diese Komponenten standardmäßig beinhaltet.
Für den Test hat uns Engwe das LE20 Cargo mit großem Gepäckträger-Korb sowie Front-Korb (beide aus Metall) geschickt. Der Gepäckträger-Korb misst 43,3 cm x 43,3 cm x 11 cm und bietet eine Zuladung von 25 kg. Darin passen auch größere Getränkekisten (siehe Bildergalerie). Wir haben damit auch einen Mähroboter, eine Bierkiste sowie einen Stromspeicher transportieren können. Und so zeigt sich, dass das LE20 Cargo tatsächlich für Einkäufe mit großvolumigen Ladungen geeignet ist.
Der Front-Korb bietet eine Fläche von 33,5 cm x 30,5 cm und eine 11 cm hohe Umrandung. Die maximale Zuladung beträgt ebenfalls 25 kg. Für den Front-Korb haben wir zusätzlich den Kritter-Haustier-Rucksack für knapp 30 Euro bestellt, um darin einen Hund zu transportieren. Der Rucksack passt optimal in den Front-Korb und lässt sich mit seinen Tragebändern perfekt befestigen. Bei kleineren Hunden wie Malteser kann man den Rucksack beim Transport auch schließen. Unser Hund hat die Mitfahrgelegenheit im geschlossenen Rucksack gut angenommen (siehe Bildergalerie).
Wer das Engwe LE20 mit nur einem Akku bestellt, findet mit dem dafür vorgesehenen Fach hinter der Sattelstütze einen weiteren Stauraum. Dieser bietet immerhin eine Tiefe von über 30 cm bei Seitenlängen von 9 cm und 14,5 cm, sodass man etwa eine große Wasserflasche inklusive Kühlbeuteln dort unterbringen kann.
Engwe LE20: Design, Aufbau und Lieferumfang
Abseits von Zuladungsmöglichkeiten sind die verschiedenen Varianten des Engwe LE20 ansonsten identisch ausgestattet. Das Rad bietet einen Alu-Rahmen mit Tiefeinstieg und ermöglicht somit ein bequemes Auf- und Absteigen. Mit höhenverstellbarer Lenkstange und Sattel soll das LE20 für Personen mit einer Körpergröße zwischen 152 cm und 192 cm geeignet sein. Während wir den niedrigeren Wert bestätigen können, hat unser Testfahrer mit einer Größe von 186 cm die Sattelstütze bereits komplett ausgefahren, um eine bequeme Fahrposition einzunehmen, sodass wir das Rad für größere Fahrer nur eingeschränkt empfehlen können.
An der Verarbeitung gibt es bis auf die sichtbaren Schweißnähte nichts auszusetzen. Nichts klappert oder ist schwergängig.
Die Motorisierung mit einem 100 Nm starken 250-Watt-Mittelmotor mit Drehmomentsensor ist bei allen Modellen gleich. Standardmäßig ist ein 920 Wh starker Akku verbaut, der um einen weiteren mit gleicher Kapazität erweitert werden kann. Damit soll die Reichweite bis zu 350 km betragen. Auf diesen Wert kommt Engwe mit einer 75 kg schweren Person, die das 41,5 kg schwere LE20 ohne Zusatzladung mit der Unterstützungsstufe 1 von maximal 5 bewegt. Mit nur einem Akku wiegt das LE20 mit knapp 37 kg etwas weniger.
Geliefert wird das Engwe LE20 3.0 teilmontiert in einem großen Karton. Das leider nur englischsprachige Handbuch (PDF) beschreibt den Zusammenbau detailliert, sodass der Aufbau auch für weniger erfahrene Personen möglich sein sollte. Schließlich wird die Vorgehensweise auch in Form von aussagekräftigen Schaubildern verdeutlicht. Das für die Montage nötige Werkzeug ist wie üblich im Lieferumfang enthalten. Mehr Informationen zum Aufbau zeigen die Bildergalerie und folgendes Video:
Lenker & Display
Der 68 cm breite Lenker ist nur in der Mitte minimal gebogen. Die gummierten Griffe bieten einen guten Grip und eine ergonomische Auflagefläche für die Handballen. Neben den Bremshebeln für die hydraulischen Scheibenbremsen befindet sich an der rechten Seite das Bedienelement für die 7-Gang-Schaltung von Shimano (Tourney RD-TY300). Links sitzt die Steuereinheit, mit der man das Rad ein- und ausschaltet, die Unterstützungsstufen des Motors (1–5) auswählt, sowie wie die Beleuchtung bei Bedarf aktiviert (langes Drücken auf +-Taste). Das kleine Display mit einem Durchmesser von knapp 7 cm (netto 5,1 cm) informiert über Geschwindigkeit, gefahrene Kilometer, Fahrzeit sowie über die aktuelle Unterstützung des Motors in Watt. Über die M-Taste am Bedienpanel kann man zwischen den einzelnen Anzeigen hin- und herschalten. Eine in Deutschland von der StVZO geforderte Klingel mit hellem Klang sitzt links neben dem Bedienelement. Die Bedientasten für die in der Rückleuchte untergebrachten Blinker sitzen zwischen den Schalthebeln und dem rechten Griff. Praktischerweise zeigt das Display die Blinkrichtung ebenfalls an. So weiß man, ob der Blinker aktiv ist und welche Richtung er signalisiert.
Fahrpraxis
Dank des Straßenprofils der pannensicheren 20-Zoll-Reifen mit einer Breite von 7,5 cm ist die Lautstärke beim Fahren deutlich niedriger als mit Rädern, die wie das L20 mit grob-stolligen Fat-Reifen ausgestattet sind. Die Bereifung kennen wir schon vom L20 Pro (Testbericht). Sie bieten einen guten Grip, sodass das Rad sicher gesteuert werden kann. In Kombination mit den hydraulischen Scheibenbremsen mit einem Durchmesser von 180 mm bringen sie das LE20 ausreichend schnell zum Stehen. Die Bremsen funktionieren also tadellos und quietschen auch nicht. Dennoch sollte man bedenken, dass das LE20 aufgrund seines hohen Gewichts einen längeren Bremsweg benötigt als leichtere Räder wie das L20 Pro.
Der Fahrtkomfort ist dank dicker Bereifung und Gabel-Federung insgesamt gut. Dennoch spürt man das Durchfahren größerer Schlaglöcher oder Mulden auf Waldwegen deutlicher als etwa beim vollgefederten L20 Pro. Insgesamt macht das Fahren auf unebenen Waldwegen mit dem LE20 genauso viel Spaß wie auf ebenen Straßen. Zum guten Fahrkomfort trägt auch der bequeme und gefederte Sattel bei. Die 7-Gang-Schaltung hat im Test einwandfrei funktioniert, macht aber bei manchen Schaltungen hörbare Geräusche. Allerdings hätten wir uns in flachen Abschnitten einen höheren Gang gewünscht, um deutlich schneller als 25 km/h zu fahren. Doch ist dieses Manko bei einem E-Cargobike weniger entscheidend als bei einem Trekking-E-Bike.
Motor und Beschleunigung
Dank Drehmomentsensor vermittelt die Unterstützung des Engwe-Mittelmotor ein natürliches Fahrgefühl. Anders als etwa beim L20, wo bereits Luftpedalieren für Vortrieb sorgt. Beim Anfahren an Kreuzungen geht es dank 100 Nm flott von der Stelle. Ein wesentlicher Vorteil eines per Drehmomentsensor gesteuerten Motors. Ohne einen solchen muss man etwa beim L20 erst ein paar Mal die Pedale treten, bevor die Unterstützung einsetzt.
Trotz des relativ hohen Gewichts von fast 37 kg sind die erlaubten 25 km/h schnell erreicht. Doch so agil wie das L20 3.0 Pro (Testbericht) ist das LE20 wegen des höheren Gewichts natürlich nicht. Zwar sorgt der Motor auch in steilen Abschnitten für genügend Support, doch dafür muss man genügend kraftvoll in die Pedale treten. Im Vergleich zu E-Bikes ohne Drehmomentsensor sind solche Abschnitte mit dem LE20 deutlich kraftraubender für den Fahrer. Es ist damit also eher ein E-Bike, das sich an sportlichere Fahrer richtet.
Wie lange hält der Akku?
Die 350 km, die Engwe für das LE20 mit Doppel-Akku haben wir im Test nicht erreicht. Das war auch gar nicht möglich, da unser Test-Rad mit nur einem Akku ausgestattet ist.
Wie immer sind die Reichweitenangaben genauso vorsichtig zu betrachten wie die von den Herstellern kommunizierten Verbrauchswerte für Pkws. Im Test mit einem 90 kg schweren Fahrer und Temperaturen zwischen 12 und 18 Grad hat die Akkukapazität bei einer hügeligen Wegstrecke nach 35 km noch 59 Prozent angezeigt. 70 bis 90 km sollten bei diesem Set-up also möglich sein, was angesichts des hohen Gewichts des LE20 ein sehr guter Wert ist.
Preis: Was kostet das Engwe LE20?
Engwe bietet das LE20 in Blau und Grau an. In der Standard-Ausführung kostet es regulär 1599 Euro. In der von uns getesteten Cargo-Variante ist das LE20 mit einem Akku für 1730 Euro und mit Doppel-Akku für 2030 Euro erhältlich. Für einfache Einkäufe ohne großvolumige Ladungen ist auch die Variante Vielseitige Canvas geeignet. Sie kostet 1837 Euro. Auch für diese passt unser 30 Euro teure Hunderucksack für den vorderen Korb.
Optional gibt es außerdem für 169 Euro ein 8-A-Schnellladegerät, womit der Ladevorgang der Batterie nicht mehr fünf bis sechs Stunden dauert, sondern bereits nach zwei bis drei Stunden abgeschlossen sein soll.
Fazit
Wer auf der Suche nach einem modernen Lastenrad ist, das auch großvolumige und schwere Ladungen transportiert, liegt mit dem Engwe LE20 genau richtig. Bislang hat uns das für den Einsatz in der EU zertifizierte (EN 15194:2017+A1:2023, PDF) LE20 auf bislang knapp 140 km nicht enttäuscht. Ob beim Transport großvolumiger Ladungen wie Bierkisten, Mähroboter und Stromspeicher oder auf einem einfachen Radausflug in hügliger Umgebung ohne Ladung: Uns hat das Fahren auf dem LE20 Spaß gemacht.
Es kommt dank 100-Nm-Motor mit Drehmomentsensor schnell vom Fleck, das Fahren ist bequem, die Bremsen bringen das Rad schnell zum Stehen und der Akku hält ebenfalls sehr lange. Natürlich ist das LE20 aufgrund seines relativ hohen Gewichts nicht so agil wie leichtere Räder, doch welches Lastenrad ist das schon. Und zum Preis von 1730 Euro für das LE20 Cargo mit einem Akku und für 2030 Euro mit Doppel-Akku ein Schnäppchen. Die Konkurrenz in Form des Decathlon R500E oder Tern GSD S10 Longtail sind mit 2700 Euro und über 4000 Euro deutlich teurer. Preislich mithalten kann allenfalls das Fiido T2 (Testbericht), das aber keine Straßenzulassung besitzt.