XChat kommt für alle – wie sicher ist das Feature?

Elon Musks XChat startet jetzt – aber wie sicher ist der neue X Messenger wirklich? Wir haben geprüft, was hinter „Bitcoin-style encryption“ steckt.

Jun 4, 2025 - 01:40
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XChat kommt für alle – wie sicher ist das Feature?

Es ist ein typischer Elon-Musk-Moment: Während X kürzlich mit technischen Ausfällen kämpfte, kündigte der Plattformeigner jüngst das nächste große Feature an – XChat. Der neue Messenger soll „alles“ können: verschwindende Nachrichten, File Sharing, Audio- und Video-Calls, Ende-zu-Ende-Verschlüsselung.

Noch ist das Feature nicht für alle verfügbar, denn aktuell läuft die Betaphase mit einer kleinen Nutzer:innengruppe.

Dem Account P4mui zufolge soll XChat jedoch schon in den nächsten Tagen für die gesamte Plattform freigeschaltet werden – vorausgesetzt, es kommt nicht zu Skalierungsproblemen, so Musk in einem Kommentar.

Warum „Bitcoin-style encryption“ in die Irre führt

Elon Musk hat in seiner Ankündigung gesagt, XChat verwende „Bitcoin-style encryption“. Für viele klingt das nach besonders sicherer Verschlüsselung – eben nach „High-End Security“. Das Problem: Diese Formulierung ist technisch nicht korrekt. Bitcoin verwendet nämlich gar keine Verschlüsselung, wie man sie von sicheren Messengern kennt. Stattdessen nutzt es ein kryptografisches Verfahren namens ECDSA (Elliptic Curve Digital Signature Algorithm). Damit wird sichergestellt, dass nur die:der rechtmäßige:r Besitzer:in einer Wallet Transaktionen signieren kann. Die Inhalte selbst bleiben jedoch öffentlich einsehbar.

Screenshot eines X Posts von Samson Mow, in dem er Elon Musks Behauptung über „Bitcoin-style encryption“ in XChat korrigiert und erklärt, dass Bitcoin keine Verschlüsselung nutzt.
XChat-Sicherheitsdebatte: Bitcoin-Vergleich sorgt für Kritik, © Samson Mow via X

Darauf weist Samson Mow hin, CEO des Kryptoinfrastrukturunternehmens JAN3 und ausgewiesener Bitcoin-Experte. In einem Beitrag auf X widerspricht er Elon Musks Formulierung und betont: Bitcoin sei nicht verschlüsselt. Wenn Musk also von „Bitcoin-style encryption“ spricht, weckt das leicht den Eindruck, XChat arbeite mit echter Ende-zu-Ende-Verschlüsselung – wie etwa Signal oder iMessage. Ob das tatsächlich der Fall ist, bleibt unklar. Die Formulierung sorgt deshalb für Kritik – und sogar Grok, die hauseigene KI von X, analysierte nüchtern: „Bitcoin isn’t encrypted.“, wie Mows Analyse zeigt.

Laut einem TechCrunch-Artikel scheint unklar, ob Musk die Begriffe „Encryption“ und „Cryptography“ verwechselt hat oder sich lediglich in Marketing-Sprache verliert.


Grok kann sehen:
Elons Musks KI bietet visuelle Echtzeitanalyse

Grok Image
Grok, © xAI via Canva


Sicherheitsversprechen treffen auf Systemausfälle

Musk positioniert XChat als Alternative zu verschlüsselten Messengern wie Signal, iMessage oder auch WhatsApp. Die Versprechen sind groß: Audio- und Videoanrufe ohne Telefonnummer, verschwindende Nachrichten und Datensicherheit auf hohem Niveau.

Dass X laut eigenen Angaben sogar die Entwicklung klassischer verschlüsselter DMs pausiert hat, um XChat voranzutreiben, unterstreicht diesen Anspruch.

Neben der Debatte um Kryptographie hat XChat mit einem ganz anderen Problem zu kämpfen: Stabilität. Laut TechCrunch hatten User in der Woche vor dem Launch mehrfach mit Ausfällen zu kämpfen – auch beim Zugriff auf XChat. Für eine Plattform, die sich als sichere und funktionsreiche Messenger-Alternative etablieren möchte, kein gutes Zeichen.

Während die technischen Schwierigkeiten weiter Thema sind, zeigt sich erneut, wie stark Elon Musk die Wahrnehmung seiner Plattformen über Sprache und öffentliche Inszenierung steuert. Wer Begriffe wie „Bitcoin-style“ nutzt, bewegt sich sprachlich in einer Grauzone – irgendwo zwischen technischer Referenz und PR-Metapher.

Was Marketer daraus mitnehmen können

Die Diskussion zeigt, wie sensibel technische Begriffe in der öffentlichen Kommunikation sind – besonders, wenn es um Datenschutz und Sicherheit geht. Gerade im Kontext von Plattformstrategien, Reichweitenoptimierung und Vertrauen ist klare Sprache entscheidend. Wer zu viel verspricht, riskiert Vertrauen zu verlieren.

Auch die User von X stehen vor einem Dilemma: Vertrauen sie den Sicherheitsversprechen oder achten sie genauer auf die Architektur im Hintergrund? Wer mehr über Reichweitenlogik, Shadowbanning und Content-Sichtbarkeit auf X erfahren möchte, findet in unserem Beitrag weiterführende Einblicke in das Plattformökosystem.


Misstrauen auf X:
Warum viele an Shadowbans glauben
– und was Musk damit zu tun hat

Elon Musk vor X-Logo
© Duncan.Hull (eigenes Werk) – Wikipedia.de, CC BY-SA 3.0, (Änderungen wurden vorgenommen via Canva)


Warum XChat noch nicht überzeugt

XChat möchte sich als zukunftsfähige Messenger-Lösung mit Fokus auf Sicherheit, moderner Funktionalität und technischer Unabhängigkeit positionieren. Der Anspruch: eine echte Alternative zu etablierten Kommunikationsdiensten wie Signal oder iMessage. Bei genauerer Betrachtung bleiben jedoch zentrale Aspekte unklar – insbesondere im Hinblick auf die technische Umsetzung der Sicherheitsfunktionen. Die von Elon Musk genutzte Bezeichnung „Bitcoin-style encryption“ erweist sich als inhaltlich unpräzise und führt zu Verwirrung, selbst unter Fachleuten.

Darüber hinaus wurde der geplante Roll-out von XChat von wiederholten technischen Ausfällen begleitet. Für ein Feature, das sich als vertrauenswürdige Kommunikationslösung etablieren möchte, stellt dies einen Glaubwürdigkeitsverlust dar. Auch die Frage, inwieweit X tatsächlich auf bewährte Standards der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung setzt, bleibt unbeantwortet.

Solange keine transparente Dokumentation zur eingesetzten Sicherheitsarchitektur vorliegt, bleibt XChat ein Produkt mit hohem kommunikativen Anspruch – aber begrenzter nachweisbarer Substanz.