Deutsche Autoindustrie präsentiert 10-Punkte-Plan für „klimaneutrale Mobilität“

Anlässlich des Strategiedialogs zur Zukunft der europäischen Automobilindustrie hat der Verband der Automobilindustrie (VDA) einen 10-Punkte-Plan zur klimaneutralen Mobilität veröffentlicht. Mit dem Plan sollen politische Maßnahmen eingefordert werden, die den […]

Jun 6, 2025 - 21:50
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Deutsche Autoindustrie präsentiert 10-Punkte-Plan für „klimaneutrale Mobilität“
Bmw M3 Elektro Prototyp

Anlässlich des Strategiedialogs zur Zukunft der europäischen Automobilindustrie hat der Verband der Automobilindustrie (VDA) einen 10-Punkte-Plan zur klimaneutralen Mobilität veröffentlicht.

Mit dem Plan sollen politische Maßnahmen eingefordert werden, die den Umstieg auf klimafreundliche Antriebe unterstützen und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit der Branche sichern.

Der VDA kritisiert, dass die bisherigen politischen Rahmenbedingungen – etwa beim Ausbau der Ladeinfrastruktur oder der Resilienz von Lieferketten – nicht ausreichen, um die ambitionierten Klimaziele im Verkehrssektor zu erreichen.

Zudem wird darauf hingewiesen, dass die Nachfrage nach Elektromobilität hinter den Erwartungen zurückbleibt und dass geopolitische sowie handelspolitische Entwicklungen für zusätzliche Unsicherheiten sorgen.

Das Bundeskabinett hatte erst in dieser Woche eine neue Förderung für Elektrofahrzeuge beschlossen. Zudem hat das Deutsche Kraftfahrzeuggewerbe vermeldet, dass die Vorbehalte bei Privatkunden gegenüber einem E-Autokauf spürbar abgenommen haben.

Enbw Hpc Laden

Nach Einschätzung des VDA sind eine stärkere Flexibilisierung der Regulierung und ein technologieoffener Ansatz notwendig, um den Wandel zur CO₂-neutralen Mobilität wirtschaftlich tragfähig zu gestalten.

Der Verband fordert unter anderem eine Überarbeitung der Flottenregulierungen, zeitliche Übergangsregelungen bei Zielverschärfungen, die Berücksichtigung synthetischer Kraftstoffe sowie eine stärkere Einbindung von Plug-in-Hybriden.

Zudem werden eine Reduktion des Strompreises für das Laden von Elektrofahrzeugen und eine Verbesserung der Versorgung mit Rohstoffen gefordert. Insgesamt betont der VDA die Notwendigkeit, Klimaschutz und wirtschaftliche Stabilität miteinander zu verknüpfen.

Regulierung, Infrastruktur und Technologieoffenheit im Fokus

Der 10-Punkte-Plan (PDF) enthält konkrete Vorschläge zur Überarbeitung bestehender EU-Regularien. Unter anderem wird darin das Vorziehen der Review-Prozesse für Flottenziele auf das Jahr 2025 empfohlen. Zielverschärfungen sollen durch Übergangsfristen abgefedert werden. Zudem müssen die Ladeinfrastruktur und die Wasserstofftankstellen zügig und im Einklang mit den CO₂-Zielen ausgebaut werden.

Außerdem sollen Fahrzeuge mit alternativen Antrieben, wie Plug-in-Hybriden, sowie mit synthetischen Kraftstoffen betriebene Modelle, regulatorisch bessergestellt werden. Zudem fordert der VDA eine Reform der sogenannten Utility Factors und der Zielberechnungsformeln, um Benachteiligungen bestimmter Fahrzeugtypen zu korrigieren.

Fabian Kirchbauer Photography

Ein weiterer zentraler Punkt des Papiers betrifft den Strompreis für das Laden von Elektrofahrzeugen. Dieser müsse laut VDA durch mehr Wettbewerb und geringere Abgaben gesenkt werden. Darüber hinaus wird ein stabiles Anreizsystem gefordert, das Investitionen in klimafreundliche Technologien unterstützt, ohne den Markt zu verzerren.

Schließlich sollen Kommunikationsmaßnahmen und praktische Vorteile für Nutzer emissionsfreier Fahrzeuge das Vertrauen in die Elektromobilität stärken. Der VDA appelliert an Politik und Industrie, gemeinsam an der Umsetzung dieser Maßnahmen zu arbeiten.

Der „10-Punkte-Plan für eine klimaneutrale Mobilität“ des VDA

1. Die Automobilindustrie steht zu den Pariser Klimazielen. Die CO₂-Flottenregulierungen sind nicht mit hinreichenden politischen Maßnahmen unterlegt und so nicht zu erfüllen. Wir setzen auf Anreize und gute Standortbedingungen statt auf neue Belastungen für Industrie und Verbraucherinnen und Verbraucher. Eine schnelle Verbesserung der Rahmenbedingungen wird entscheidend sein, damit Verbraucherinnen und Verbraucher so schnell wie möglich auf klimaneutrale Antriebe umsteigen können und auch wollen.

2. Die Nachfrage nach Elektromobilität als der wesentliche Beitrag bleibt bislang hinter den Erwartungen zurück. Daher sollten die Reviews der Flottenregulierungen für Pkw/ leichte Nutzfahrzeuge (LDV) sowie für schwere Nutzfahrzeuge (HDV) auf das Jahr 2025 vorgezogen (für Anhänger, sobald die Auswertung der Monitoringdaten vorliegt) und der Fortschritt regelmäßig politisch überprüft werden.

3. Für die Zielverschärfungen in 2030 und 2035 sollte eine Entlastung in Form eines zweijährigen Phase-In der Grenzwerte zur Anwendung kommen. In der Flottenregulierung für HDV sollte zudem die Höhe möglicher Strafzahlungen auf ein vergleichbares Maß wie für LDV reduziert werden.

4. Im besonderen Fokus der Rahmenbedingungen steht die Lade- und H₂-Tankinfrastruktur (LDV/HDV) mit der notwendigen Erhöhung des AFIR-Ambitionsniveaus, in Verbindung mit einem beschleunigten Netzausbau. Der Ausbau muss vorauslaufend und orientiert an den Zielen der CO₂-Gesetzgebung und des entsprechenden Fahrzeughochlaufs erfolgen.

5. Zudem ist die robuste Versorgung mit Rohstoffen und Vorprodukten von zentraler Bedeutung. Die EU-Kommission muss die europäischen und außenwirtschaftlichen Rahmenbedingungen dringend verbessern, mögliche Risiken analysieren und insbesondere das Netzwerk der Abkommen und Partnerschaften zügig ausbauen.

6. Stärkung der Technologieoffenheit durch eine stärkere Berücksichtigung der Rolle von PHEVs über 2035 hinaus und ein Aussetzen der geplanten Anpassung des Utility Factor (Gewichtungsfaktor, der den Anteil elektrischer Fahrten abbildet) ab 2025. PHEVs mit großer elektrischer Reichweite sind als neue Fahrzeugkategorie zu definieren. Bis zu einem bestimmten Volumen der Flotte wären diese Fahrzeuge unabhängig von der Betankung als ZEV nach 2035 zulassungsfähig. Weitere notwendige Maßnahmen beziehen sich auf eine Anpassung der Schwellenwerte des ZLEV-Benchmark (LDV und HDV) für 2025-2029 und deren Wiedereinführung für 2030-2034 sowie auf eine Änderung der LDV-Zielberechnungsformel, um die in der Flottenregulierung vorhandene Benachteiligung von Fahrzeugen mit höherem Gewicht („negativer Slope“) zu beseitigen. Erläuterung: Das ´Zero and Low Emission Vehicles´-Benchmark beschreibt, wie viele null- und niedrig-emissionsfähige Fahrzeuge ein Hersteller in seinem Flottenmix haben muss, um einen zusätzlichen Beitrag zur Erfüllung der CO₂-Flottenemissionen seiner Pkw und Nutzfahrzeuge zu erzielen.

7. Größerer Fokus auf erneuerbaren Kraftstoffen, indem deren durchschnittliche CO₂- Minderungswirkung in der LDV-Flottenregulierung berücksichtigt wird, da derzeit Emissionen von Verbrennungsmotoren unabhängig vom getankten Kraftstoff als 100 Prozent fossil betrachtet werden. Dies kann auch ein möglicher Mechanismus für HDV sein. Die EU-Kommission muss zudem gemäß Erwägungsgrund 11 umgehend einen technisch und am Markt umsetzbaren Rahmen entwickeln, damit auch Carbon Neutral Fuels Fahrzeuge unmittelbar als Null-Gramm-Fahrzeuge eingestuft werden. Der Blick muss zudem noch stärker auf den Fahrzeugbestand gerichtet werden, um die Klimaziele im Verkehr auch mit Hilfe erneuerbarer Kraftstoffe zu erreichen. Auf EU-Ebene muss dabei neben einer höheren THG-Quote in der RED III auch ein Post-2030-Zielpfad geschaffen werden.

8. In der Flottenregulierung für LDV ist eine Anpassung des Reduktionsziels auf -90% ab 2035 und eine Sicherstellung der notwendigen Rahmenbedingungen erforderlich. Die verbliebenen CO₂-Emissionen werden über ambitioniertere Ziele für den Anteil erneuerbarer Kraftstoffe in der RED kompensiert.

9. Elektromobilität muss in der Gesamtbilanz einen klaren Kostenvorteil bieten. Eine Reduzierung des Ladestrompreises durch mehr Wettbewerb und Technologie, sowie durch eine Senkung von Steuern und Abgaben, ist von zentraler Bedeutung. Dies gilt in gleichem Maße für die erneuerbaren Kraftstoffe, wie beispielsweise H₂. Anreizsysteme ohne marktverzerrende Preisschwellen leisten einen erfolgreichen Beitrag zum Hochlauf klimaneutraler Antriebe. Speziell bei Nutzfahrzeugen spielt eine langfristige Perspektive für die CO₂-bezogene Maut eine entscheidende Rolle.

10. Das Vertrauen in die Elektromobilität muss grundsätzlich gestärkt werden. Dazu gehört eine aktive Positivkommunikation Elektromobilität. Industrie und Politik müssen hierbei an einem Strang ziehen und gemeinsame Konzepte umsetzen. Es ist zudem zu prüfen, mit welchen Maßnahmen Verbraucherinnen und Verbraucher einen praktischen Vorteil durch Nutzung emissionsfreier Fahrzeuge im Straßenverkehr erhalten können. Dazu sind europäische Erfahrungen auszuwerten und in angepasster Form zu übertragen, wo es möglich und sinnvoll erscheint.

Eine Reaktion auf dem Plan lässt nicht lange auf sich warten. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) beispielsweise kritisiert den Verband der Automobilindustrie (VDA) scharf für „eine beispiellose Abkehr vom Klimaschutz“. Nach Berechnungen von Transport and Environment (T&E) würden die Vorschläge des VDA in Europa bis zu 1,4 Milliarden Tonnen CO₂-Emissionen zusätzlich bedeuten.



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