OMR 2025: Im Norden nichts Neues?!
70.000 Menschen, Ryan Reynolds im Marketing-Modus, Dirk Nowitzkis große Stunde, AI über AI und bei all dem bunten Treiben die Erkenntnis für Marketer: Du musst dich neu erfinden; aber so richtig neu ist das nicht.

Alle sind sie da,
sagte Moderatorin und Ex-Tennis-Star Andrea Petkovic, als sie die Basketballlegende Dirk Nowitzki auf der Conference Stage des OMR Festivals begrüßte.
In die Halle, die zum großen Teil von dieser Stage beherrscht wird, passen knapp 7.000 Menschen und ein Großteil der Besucher:innen – 70.000 waren in diesem Jahr wieder nach Hamburg gepilgert – hatte sich versammelt, um dem Menschen und der Marke Nowitzki zu lauschen. Ein ähnliches Bild ergab sich bei den Auftritten von Schauspielweltstar und Entrepreneur Ryan Reynolds, Head of Product ChatGPT Nick Turley und bei der Keynote State of the German Internet 2025 von OMR-Gründer Philipp Westermeyer und OMR Daily-Chefredakteur Roland Eisenbrand.

Die größte, bunte, wildeste Marketing-Messe Europas ist ins Land gezogen, hat viele begeistert und für Networking und Awareness Overload gesorgt. Doch Marketer haben nur bedingt innovative Ansätze an die Hand bekommen – trotz der vorherrschenden Präsenz von generativer KI.
Zum Vergleich: Das war im vergangenen Jahr auf dem OMR Festival los.
OMR 2024:
Kim Kardashian, Robert Habeck und das ganz normale Marketing-Spektakel

Raus aus den Plattformen, rein in die Communities
Eine der Kernaussagen aus der Keynote von OMR ist, dass sich Marketer nicht mehr allzu sehr auf die Plattformen und Dienste verlassen sollten, die ihre Inhalte anzeigen, distribuieren und dergleichen mehr. Denn Google könnte durch immer mehr AI Overviews und den AI Mode in der Suche den Referral Traffic mittelfristig durchaus reduzieren, organisches Wachstum auf Metas Plattformen wird zum Kraftakt und während TikTok sich besonders divers in der Ausgestaltung der Features zeigt – von Search-Optionen bis hin zu TikTok Shop –, muss das Unternehmen 530 Millionen Euro kostende Strafe für die Weitergabe von EU-User-Daten nach China hinnehmen.
Am sichersten, besonders erfolgversprechend und nachhaltig sind daher eigene Communities, die Marken mithilfe der Plattformen aufbauen, aber auch außerhalb derer kultivieren. Das kann in gebrandeten Offline Events wie Running Clubs, Coffee Teams oder Pop-up Events münden. Die unikale Erfahrung setzt Marken abseits von Ads – für die es immer neue Potentiale und dank Gen AI-Elementen auch immer mehr Inventar gibt – von der Konkurrenz ab.

Nun möchten die großen Tech-Unternehmen und -Konzerne, die auf der Messe mit teils mehrstöckigen, beeindruckenden Ständen samt Livestream Shopping (TikTok), AI Search zum Testen (Google) und der Zukunft der hands-free Hardware mit KI-Power (Meta, Ray-Ban Smart Glasses) zahlreiche User anzogen, diesem Hinweis auf die „Shittification“ im Netz selbst nicht zustimmen. Vielmehr möchten sie die User in ihrem je eigenen Plattformkosmos halten, um die Relevanz für Werbekunden möglichst zu maximieren.
Reddit beispielsweise, die Community für Communities, sieht gerade im so community-nahen und konversationellen Kontext der Plattform, die seit 20 Jahren Tipps, Deep Dives, Kaufintentionen verschiedenster User und dergleichen mehr zusammenfasst, einen wichtigen Touchpoint, der engagierte User und interessierte Marken zusammenbringt. Man sei dabei schon längst im Mainstream angekommen, was nur noch nicht alle Advertiser erkannt hätten, erklärte uns Kevin Klieber, Head of Mid-Market Sales DACH beim Unternehmen. 14 Millionen User in Deutschland sprechen für sich.
In diesem Mainstream ist TikTok schon längst etabliert, mit 24 Millionen Usern im DACH-Raum. Für die Plattform, die sich jetzt nicht mehr Entertainment-, sondern Discovery-Plattform nennt, steht aktuell die Entdeckung von Musik (Zartmann war ein Case, der auf der OMR-Bühne im Talk und als Act auftrat) und besonders der TikTok Shop im Fokus. Dieser soll den Social Commerce und den digitalen Commerce überhaupt grundlegend revolutionieren. Allerdings gilt bei der Bewerbung von Produkten, ebenso wie in Ads oder TikToks allgemein: „Don’t be boring.“
Creativity is in crisis,
sagte TikToks Sofia Hernandez (Global Head of Business Marketing + Commercial Partnerships) und meinte damit vor allem die Advertising-Welt. TikTok schlug also in die gleiche Kerbe wie das OMR Team, wollte aber vor allem eigene Lösungen ins Spiel bringen. Das gilt auch für Google, denn nach der Alphabet-Tochter sind klassische Customer Journeys bald Geschichte. Die Discovery übernimmt eine zentrale Rolle und lässt sich auf verschiedene Kanäle übertragen – weshalb die Performance Max-Kampagnen als Werbelösung nach wie vor im Zentrum des Interesses stehen.
Die Veränderung des Nutzungsverhaltens der User aber war bei allen Tech Companies ein großes Thema. Von den AI Overviews bei Google über ChatGPTs großen Angriff auf diverse Big Player. Mit ChatGPT Search und Shopping werden Google und Amazon ins Visier genommen, und sogar die sozialen Medien könnten es bald mit einem Social Feed von OpenAI zu tun bekommen. Während Nick Turley erklärte, dass der für die kommenden Monate geplante Launch von GPT-5 „amazing“ sein werde, bemängelte er auch:
There’s a lot of things wrong with social media today.
Konkrete Insights über neue Produkte verriet Turley nicht, doch zuletzt gab es bereits Hinweise auf einen Social Feed von OpenAI, wie ihn Meta in der Meta AI App bereits integriert hat. Überhaupt war generative KI als Treiber des veränderten Nutzungsverhaltens ein zentrales Thema der Messe und Konferenz. Die Kolleg:innen von t3n haben die Stimmung auf dem Event in einem Video zusammengestellt und verweisen ebenfalls darauf.
Für Marketer am Puls der Zeit dürften viele der besprochenen Entwicklungen nicht wirklich neu gewesen sein. Die ganz großen Launches, Updates, Eröffnungen blieben aus. Doch in den zahlreichen Masterclasses und äußerst diversen Vorträgen auf unterschiedlichsten Bühnen, von der Red Stage über die 5050-Bühne bis hin zu Guided Tours, die die gesamte Messe zur Bühne machten, konnten Interessierte zu spezifischen Themen Learnings mitnehmen. Positiv fiel ebenfalls der prominent platzierte Awareness Counter auf, ebenso die Möglichkeit, Wasser und Selter kostenfrei an den Ständen zu erhalten.
Von Lebensveränderungen und LinkedIn done right
„YouTube changed my life!“ – Creatorin Ischtar Isik, Entrepreneur Oğuz Yılmaz vom mittlerweile aufgelösten Comedy-Trio Y-Titty, YouTuber Christoph Krachten und NDR-Redakteurin Domenica Berger sprachen auf der Yellow Stage mit Host Aljoscha Höhn über ihre persönlichen Erfolgsgeschichten sowie die Schattenseiten des YouTube Fames. Das Panel passte gut zum 20. Jubiläum von YouTube, welches wir jüngst umfassend beleuchtet haben.

Überhaupt waren erwartungsgemäß viele Creator auf dem Event unterwegs, sowohl in Talks als auch als Gäste. Immerhin waren in Hamburg einen Tag vor dem OMR Festival auch die 9:16 AWARDS verliehen worden. Wie diese auf Instagram, TikTok oder auch LinkedIn erfolgreich sein können, wurde in unterschiedlichen Kontexten zum Thema gemacht. So griff beispielsweise Niklas Fazler von LinkedIn in seinem Vortrag mit dem Titel „LinkedIn Done Right“ das Thema der mangelnden Kreativität auf. Er sprach sich gegen langweilige Inhalte und für mehr witzigen Content aus. So funktioniere ein verwackeltes Selfie-Video im Zweifel genau so gut wie eine schlichte Pressemitteilung. Marken sollten sich außerdem an die erste Regel der Brand Thought Leadership halten, so Fazler: Damit sie visuell möglichst schnell erkannt werden, ist es wichtig, den eigenen Content so stark wie möglich zu branden. Und:
LinkedIn ist eine Plattform, auf der man so richtig herzlich abnerden kann.

Noch mehr Tipps zu einer guten Performance auf LinkedIn, mithilfe von Videos, aber auch anderen visuell ansprechenden Inhalten, hörst du im Podcast mit Niklas Fazler.
Wie bunt das Themenfeld war, zeigt der Blick auf die Timetables. Julius Scheidt von DM demonstrierte beispielsweise auf der Blue Stage, wie Marken WhatsApp Channels erfolgreich für sich nutzen können. Zwar komme mit den Channels ein weiterer Kanal zum Bespielen hinzu, doch der Content-Aufwand sei vergleichsweise gering. So setzt DM vorwiegend auf klassische WhatsApp Features wie Sprachnachrichten und Umfragen – auch, um keinen Cut zwischen der privaten WhatsApp-Nutzung der User und dem Channel-Erlebnis zu erzeugen – und hat schon über eine Million Abonnent:innen.
Snapchats Rajni Jacques, Head of Fashion & Beauty, zeigte, wie Marken mit AR und einer populären Plattform (mit über 18 Millionen Usern allein in Deutschland) Content und Storytelling zum Leben erwecken können.
Und Mette Lykke, CEO von Too Good To Go, zeigte auf der Conference Stage auf, wie man mit digitaler Vernetzung gegen Offline-Probleme wie Lebensmittelverschwndung ankämpft und dabei erfolgreich ist.
Am Ende von zwei prallgefüllten Tagen samt zahlreichen Side Events von großen und kleinen Marken konnten die Besucher:innen jeweils bekannte Music Acts wie Sido und Zartmann oder Oli P. genießen, außergewöhnliches und bodenständiges Essen zu sich nehmen und all ihre Eindrücke direkt mit Gleichgesinnten aus ganz Europa, ja aus der ganzen Welt diskutieren. OMR ist, was man draus macht. Bunt und facettenreich ist das Großereignis allemal, ein Treffpunkt für die Branche und die Medienwelt zweifellos ebenso. Um aber im Marketing weiterhin am Puls der Zeit zu agieren, gilt es, die übergeordneten Learnings mit genau den neuen Lösungen, Unternehmens-Insights und Feature Updates zu verknüpfen, die abseits dieser Messen vorgestellt werden. OnlineMarketing.de sorgt dafür, dass du diese nicht missen musst.
Falls du allerdings das OMR Festival 2025 verpasst hast, aber noch einige große Vorträge und Talks sehen möchtest, hast du ab Freitag mit einem Abonnement von Joyn die Möglichkeit. Denn der Streaming-Dienst kooperiert mit OMR und bietet ausgewählte Sessions als exklusiven Content an. Die nächste OMR-Ausgabe findet am 5. und 6. Mai 2026 statt. Die Vorbereitungen dafür laufen auch schon, während sich die Marketing-Welt weiterdreht.
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