So begeisterst du dein Team für KI – und bringst die Firma voran

Künstliche Intelligenz ist nicht nur ein Technologie-Megatrend, sondern auch ein Führungsthema. Zwei Beispiele aus der Praxis zeigen, wie du KI-Wissen ins Team bringst und Lust auf die Technik machst. The post So begeisterst du dein Team für KI – und bringst die Firma voran appeared first on impulse.

Apr 23, 2025 - 10:43
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So begeisterst du dein Team für KI – und bringst die Firma voran
Vor ziemlich genau eineinhalb Jahren stand Tilo Karl an einem Punkt, an dem sich viele Firmenchefinnen und -chefs heute noch befinden: Er hatte zwar schon von Künstlicher Intelligenz (KI) gehört und war sich der Bedeutung dieser Technologie bewusst. Aber in seinem Unternehmen spielte diese im Grunde keine Rolle: „Ich wusste wenig über KI und hatte ehrlich gesagt auch Angst davor, was das für meine Branche bedeutet“, sagt der Inhaber der Kommunikationsagentur vE&K aus Essen. Doch Tilo Karl beließ es nicht bei diesem diffusen Gefühl, er beschloss, etwas daran zu ändern. Der 62-Jährige beschäftigte sich intensiv mit KI und brachte seine rund 30 Mitarbeitenden dazu, ihm zu folgen. Mittlerweile sagt er: „Heute bin ich KI-Fan.“ Doch dabei blieb es für Karl nicht: Die Auseinandersetzung mit Künstlicher Intelligenz veränderte nicht nur die Workflows im Team, sondern auch das Geschäftsmodell seines Unternehmens. Unternehmen an neues Marktumfeld anpassen So wie dem Essener Agenturchef geht es auch anderen Unternehmerinnen und Unternehmern: Sie müssen ihr Unternehmen an ein Marktumfeld anpassen, das sich durch die KI-Revolution rasant verändert. Und: Sie müssen ihre Teams bei dieser Transformation mitnehmen. Besonders kleine Firmen tun sich damit oft schwer: Zwar gaben 19 Prozent der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) 2024 an, dass sie KI nutzen – im Vorjahr waren es lediglich 11 Prozent. Doch die Umfrage des Bonner Instituts für Mittelstandsforschung zeigt auch: Die Lücke zu den Großunternehmen klafft weiter auseinander – hier haben bereits 48 Prozent der Firmen KI im Einsatz. Bei Fortbildungen ergibt sich ein ähnliches Bild: 78 Prozent der Großunternehmen boten ihren Mitarbeitern KI-Schulungen an, aber nur 25 Prozent der KMU. Was also können Inhaberinnen und Inhaber tun, um diese Lücke zu schließen? Um nicht vom technologischen Wandel abgehängt zu werden? KI erfordert Wende im Geschäftsmodell Für Tilo Karl war die Einführung von KI nicht die erste Wende im Geschäftsmodell. Er begann sein Unternehmerleben in den 1990er-Jahren als Fotograf. Später gestaltete er mit seiner Frau und Mitgründerin, Gaby van Emmerich, auch die Geschäftsberichte seiner Unternehmenskunden. Das Designbüro vE&K war geboren. © Udo Geisler Tilo Karl, Inhaber der Essener Agentur vE&K, brachte sein Team dazu, sich für KI zu öffnen. Das Gründerpaar stellte Mitarbeiter ein und weitete das Angebot aus: Die Agentur programmierte nun auch Websites, erstellte Kundenmagazine und lieferte Kommunikationslösungen.   Mehr als 25 Jahre später stellte sich Karl die Frage: Wie bekomme ich KI ins Team? Seine Antwort: Er organisierte die nötige Schulung kurzerhand selbst. „Dafür haben wir die gesamte Agentur für zwei Tage dichtgemacht“, berichtet der Inhaber. Auf dem Workshop hielt Karl selbst einen Überblicksvortrag zum Thema KI. Seine Botschaft an die Belegschaft: „Wir sollten keine Angst vor KI haben. Nur wenn wir uns nicht damit auseinandersetzen, müssen wir Angst haben.“ Danach übernahmen externe Trainer, die sich speziell an Kolleginnen und Kollegen aus den drei Fachbereichen Redaktion, Grafik und IT richteten. Wie kann KI die Teams bestmöglich bei ihrer Arbeit unterstützen? Die Schulung zum Programmieren mit KI übernahm ein Mitarbeiter des Fraunhofer-Instituts in Dortmund. Der Kontakt kam über die Essener Wirtschaftsförderung zustande, die mit dem Institut eine KI-Sprechstunde organisiert hatte. Tilo Karl hatte als Teilnehmer den Referenten angesprochen. Auch die anderen Trainer hatte er bei ähnlichen Gelegenheiten kennengelernt. Netzwerke nutzen und Kontakte knüpfen Das Beispiel zeigt, wie wichtig es ist, lokale Netzwerke zu nutzen, um Kontakte zu knüpfen und sich mit Gleichgesinnten über KI auszutauschen. Im Prinzip haben alle Bundesländer ­Angebote, die Unternehmerinnen und Unternehmer zu diesem Zweck nutzen können. So gibt es in Hamburg das Artificial Intelligence Center (ARIC), eine Initiative zur Vernetzung von Wissenschaft, Wirtschaft und Politik im Bereich KI. Der Verein bietet Workshops, Arbeitskreise und weitere Formate rund um KI an. In Bayern gibt es das Programm KI Transfer Plus der Initiative Applied AI. Bayerische Mittelständler können sich für das neunmonatige Programm bewerben, das vom Bundesland gefördert wird. „Die Mitarbeiter und das Management lernen in dieser Zeit die KI-Grundlagen kennen, aber sie entwickeln auch eine eigene KI-Strategie und arbeiten an der Umsetzung“, erläutert die Programmleiterin Johanna Farnhammer den Ansatz. KI einführen ohne das Team zu überfordern Auch Stephan Schwarz stand vor der Frage: Wie gelingt es, Künstliche Intelligenz in ein ­gewachsenes Unternehmen zu bringen – ohne die Belegschaft zu überfordern? Schwarz ist Vorsitzender der Geschäftsführung bei Prinz Verbindungselemente aus Plettenberg. Das Unternehmen fertigt Bauteile für die Automobilindustrie, beliefert aber auch den Handel, die Bau- und Werkzeugindustrie sowie die Fahrradbranche. Rund 180 Mitarbeitende arbeiten am Standort im Sauerland; 2024 lag der Umsatz bei rund 33 Millionen Euro. Der Mittelständler mit einer 150-jährigen Geschichte arbeitet noch mit Rohrpost – und hat sich gleichzeitig zum Ziel gesetzt, eine KI zu entwickeln. Für Schwarz kein Widerspruch: „Gerade dieser Spagat zeichnet uns aus.“ In den letzten Jahren hatte Prinz bereits mehrere Digitalisierungsschritte umgesetzt: Digitale Schichtbücher ersetzten Papierprotokolle, ein Dokumentenmanagement-System sorgte für mehr Übersicht. Nun ist KI in den Fokus gerückt – mit vielen Chancen, aber auch neuen Fragen. Unterstützung fand Stephan Schwarz im Zukunftszentrum KI NRW. Im Herbst 2024 nahm der Geschäftsführer an der „KI-Guide-Reihe“ des Zentrums teil. Die Workshop-Reihe wird in mehreren Regionen Nordrhein-Westfalens angeboten und ist kostenlos, da sie vom Bund, dem Land NRW und der Europäischen Union gefördert wird. Die Weiterbildung umfasst neun Termine à drei Stunden – im Mittelpunkt stehen konkrete Anwendungen. Lernen über Branchengrenzen hinweg „Wir befassen uns mit der Datenbasis, testen Tools wie ChatGPT und sprechen über recht­liche Aspekte“, sagt Fatma Mendoza von der Agentur Mark, die das Programm für das ­Zukunftszentrum KI NRW koordiniert. Die Workshops beginnen mit den Grundlagen: Wie sieht ein guter Prompt aus? Wie sammelt man sinnvoll Daten im Betrieb? Mit einem Open-Source-Modell trainieren die Teilnehmer selbst einen einfachen KI-Prototyp. „Die Teilnehmenden sollen sehen, wie KI konkret im Betrieb wirken kann“, erklärt Mendoza. Vertiefen lassen sich die Themen in weiteren Modulen – etwa zu KI in der Produktion oder in der Verwaltung. Im Mittelpunkt steht dabei der Austausch: „Die Teilnehmenden lernen voneinander – egal, ob sie aus der Produktion oder aus dem Marketing kommen: Jeder bringt Beispiele mit, wo KI helfen kann“, sagt Mendoza. Häufig entstehen Aha-Momente, wenn Teilnehmer Lösungen für ähnliche Herausforderungen teilen, etwa wie sich Absatzprognosen mithilfe von KI erstellen lassen. „Es geht nicht darum, alle technischen Details der Programmierung zu verstehen“, betont Mendoza. Vielmehr sei es wichtig, ein klares Bild davon zu bekommen, wo KI sinnvoll eingesetzt werden kann. Schnellere Abläufe und schlankere Prozesse „Ein Workshop ersetzt keine Umsetzung – aber er kann der Startschuss sein“, betont auch Stephan Schwarz. Prinz nutzte daher das kostenfreie Beratungsangebot des Zukunftszentrums, um sein KI-Pilotprojekt in der Fertigung anzustoßen. © Jens Nieth für impulse Bei der Firma Prinz Verbindungselemente führt Geschäftsführer Stephan Schwarz (v. l.) KI ein. Ingenieur Alexander Diergarten und Henrik Schwabe aus der IT-Abteilung testen einen Prototypen in der Fertigung. Die Wahl fiel auf einen Arbeitsschritt, bei dem bisher ein Mitarbeiter anhand von Messwerten entschied, ob Bauteile nach dem Kaltumformen zusätzlich gerichtet werden mussten. Die Daten dafür mussten aus unterschiedlichen Systemen zusammengetragen und ausgewertet werden. „Das war oft subjektiv“, sagt Schwarz. Also strukturierte das Team ältere Produktions- und Prüfdatensätze, sodass sie für ein KI-Programm nutzbar wurden. Während des gesamten Prozesses begleitete ein Experte des Zukunftszentrums das Team von Prinz. „Die Lernkurve war enorm. Wir sahen, wo unsere Datenlücken sind – und wo sich Prozesse automatisieren lassen.“ Inzwischen steht der erste Prototyp kurz vor dem Start. Anfangs gab es durchaus Bedenken im Team: „Bei KI denken manche gleich an Stellen­abbau“, räumt Schwarz ein. Andere Kolleginnen und Kollegen hingegen waren Feuer und Flamme, probierten Tools aus, entwickelten eigene Ideen. „Innovation stößt nicht überall sofort auf Begeisterung – gerade in einem Traditionsbetrieb.“ Doch das Projekt gewann rasch an Akzeptanz – auch weil der Nutzen greifbar war: schnellere Abläufe, schlankere Prozesse und eine optimierte Fertigung. Für die Entwicklung des Prototyps wurden zwei Mitarbeitende zeitweise von ihren Aufgaben abgezogen, um Daten zu sammeln und aufzubereiten. „Das war zusätzliche Arbeit, aber machbar“, sagt Schwarz. Ein externer Dienstleister war durch die Betreuung des ­Zukunftszentrums nicht erforderlich. KI-Nutzung im Arbeitsalltag verankern Die Einführung von KI ist ein Change-Prozess, der nicht mit einem Workshop abgeschlossen ist. Diese Erfahrung machte auch Tilo Karl: „Der Workshop war wirklich nur ein erster Kick-off“, sagt der Agenturchef. „Danach hatte ich die KI noch nicht im Unternehmen.“ Eine Anwendung im Workshop kennenzulernen und sie im Alltag umzusetzen, seien zwei völlig verschiedene Dinge. „Menschen fallen schnell in alte Gewohnheiten zurück und nutzen die etablierten Workflows weiter, auch wenn es bessere Alternativen gibt.“ Für die Redaktion führte Karl deshalb eine wöchentliche KI-Sprechstunde mit einem externen Trainer ein. Auch das IT-Team tauscht sich regelmäßig in Meetings über KI-Erfahrungen aus. In der Grafik hat ein neuer Kollege angefangen, der speziell das Thema Bildgenerierung mit KI voranbringen soll. Damit sein Team die KI im Alltag auch tatsächlich nutzte, brauchte es Anwendungen, die die tägliche Arbeit erleichtern. Im Bereich Texteerstellung arbeitet das Team zum Beispiel mit speziellen Brandvoice-GPTs, das sind einfach zu erstellende Profile in ChatGPT, welche die Kommunikationsregeln des Kunden enthalten: Gendert der Kunde? Duzt oder siezt er? Solche Dinge lassen sich voreinstellen und sorgen dafür, dass die KI den Tonfall des Kunden trifft. Neue Säule im Geschäftsmodell durch KI Mittlerweile nutzt das Team KI nicht nur selbst, sondern gibt dieses Wissen auch an andere Unternehmen weiter. „Ich habe gemerkt, dass viele vor ähnlichen Herausforderungen stehen und von unseren Erfahrungen profitieren können“, sagt Karl. Seinen Kunden – dazu gehören größere Mittelständler mit mehr als 1000 Mitarbeitern, etwa Banken, Industrie oder Handel – bietet er nun KI-Trainings an. Durch eine Partnerschaft mit dem Düsseldorfer Chatbot-Entwickler Kauz AI kann Karl Kunden auch einen eigenen KI-Chatbot anbieten – für die Kundenkommunikation oder das interne Wissensmanagement. „Unser Partner liefert die technische Lösung, und wir kümmern uns um die Implementierung und führen zum Beispiel Schulungen durch“, berichtet er. Das Angebot richtet sich zunächst nur an Bestandskunden, doch Karl denkt bereits weiter: „Wir sind gerade dabei, mit einem eigenen Angebot auf den Markt zu gehen.“ Aus dem Gefühl, sich intensiver mit KI beschäftigen zu müssen, entstand in kurzer Zeit eine neue Säule im Geschäftsmodell der Agentur. Tilo Karl erinnert der KI-Boom an seine Gründerjahre. Er sagt: „Ich fühle mich ein wenig wie in den 90er-Jahren, als wir die ersten Websites gebaut haben: Ich weiß noch nicht genau, wohin die Reise geht, aber ich weiß, dass sich viel verändern wird.“ Prinz-Geschäftsführer Stephan Schwarz rät dazu, klein anzufangen und nicht auf den perfekten Moment zu warten: „Wer ewig zögert, verpasst Chancen.“ Die Rohrpost wird Prinz wohl noch eine Weile begleiten – doch der KI-Prototyp steht in den Startlöchern. Für Schwarz der beste Beweis, dass auch ein Traditionsbetrieb erfolgreich in die Zukunft aufbrechen kann: „Wir haben gesehen, dass KI kein Hexenwerk ist. Aber man muss die Belegschaft mitnehmen, Expertise hinzuholen und sich einfach trauen.“

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